Pressemitteilung

19.Februar 2014

Bullinger: Grün-Rot schadet dem Hochschulstandort Baden-Württemberg

In einer Landtagsdebatte über den Gesetzentwurf der grün-roten Landesregierung für ein „Drittes Hochschulrechtsänderungsgesetz“
(Drucksache 15/4684) sagte der wissenschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Friedrich Bullinger, unter anderem:

„Baden-Württemberg ist ein exzellenter Hochschul- und Forschungsstandort und zeichnet sich durch die Vielfalt seiner Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaft und durch sein erfolgreiches jüngstes Kind, die Duale Hochschule aus. Die Erfolgsstory der Hochschulen lässt sich nachvollziehen mit der Gründung von neuen Hochschulen in den 1970-er Jahren, mit dem Umbau der Ingenieurschulen über Fachhochschulen zu Hochschulen für Angewandte Wissenschaften samt Außenstellen und aus der Entwicklung der Berufsakademien zu den Dualen Hochschulen.

Die Veränderungen der Gesellschaft, die Internationalität der Wissenschaft, der hohe Globalisierungsgrad in der Wirtschaft und nicht zuletzt die demographischen Veränderungen lassen es möglicherweise angezeigt sein, die hochschulrechtlichen Vorschriften fortzuschreiben. Doch die FDP-Landtagsfraktion ist der Auffassung, dass die jetzige Fassung des Gesetzentwurfs dem Wissenschafts- und Hochschulstandort Baden-Württemberg schadet.

1. Wie ein grüner Faden zieht sich der ausgeprägte Hang zur Bevormundung und Besserwisserei durch den Gesetzentwurf. Den Hochschulen wird dabei Selbständigkeit genommen und vorgeschrieben, was angeblich für sie gut ist. Dass beispielsweise das Wissenschaftsministerium künftig darüber wachen will, dass im Hochschulrat der jeweiligen Hochschule „Perspektivenvielfalt“ herrscht, riecht stark nach Einflussnahme. Wir Liberalen sind dagegen der Auffassung, dass die Hochschulen selbst am besten wissen, welche Personen sie in ihren Hochschulrat berufen.
Auch die Registrierung aller Forschungsvorhaben, die zentral erfasst werden sollen, zeigt das Misstrauen gegenüber der Wissenschaft und die Realitätsferne der grünen Wissenschaftsministerin. Gerade die Aussage, es sei ein angemessener Ausgleich zwischen der Freiheit der Wissenschaft, den Interessen der Drittmittelgeber und der Anforderung an die Transparenz geglückt, ist verräterisch. Aus liberaler Sicht dürfte das Gegenteil der Fall sein. Ohne Not wird hier ein bürokratisches Monstrum geschaffen, das die Wissenschaftler in ihrer Forschungsfreiheit einengt und vor grün-rotem Misstrauen strotzt.

Unzählige Forschungserfolge in Baden-Württemberg sind auf Kooperationen zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft zurückzuführen, gerade weil sich die Politik mit ihrer vermeintlichen Allwissenheit nicht eingemischt hat. Die von Ihnen vorgesehene Vertrauenskommission halte ich eher für eine Misstrauenskommission. Die FDP-Landtagsfraktion lehnt diesen Schlag gegen die Wissenschaftsfreiheit mit aller Entschiedenheit ab.

2. Bei dem bekannten Hang der Grünen zur Bevormundung und Besserwisserei ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass das neue Dogma der „sogenannten  Perspektivenvielfalt im Hochschulrat“ einen weiteren Versuch der Einflussnahme darstellt. Wir Liberalen sind der Auffassung, dass die Hochschulen selbst am besten wissen, welche Personen sie in ihren Hochschulrat berufen.
Eine 40-prozentige Frauenquote im Hochschulrat ist reine grün-rote Symbolpolitik, die lediglich die Gestaltungsfreiheit der Hochschulen einschränkt. Sinnvoller wäre, die Probleme der Vereinbarkeit von Familie und Karriere durch flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten an den Hochschulen sowie den Ausbau der Promotions- und Habilitationsprogramme für Frauen zu fördern. Und wenn Sie schon nicht auf die FDP hören wollen, dann hören Sie wenigstens auf die Gleichstellungsbeauftragten selbst, die zu dem Schluss gekommen sind, dass die „Neugestaltung der Gleichstellungsbestimmungen im LHG-Entwurf nicht zielführend beziehungsweise nicht sachdienlich sind“.

3. Ohne Not bringt die grüne Wissenschaftsministerin das Erfolgsmodell Duale Hochschule Baden-Württemberg mit ihren vielen Standorten in Gefahr. Mit der DHBW als Hochschuldach für die Berufsakademie hat seinerzeit Wissenschaftsminister Frankenberg ein allseits akzeptierte Konstruktion entwickelt, das heißt einerseits akkreditierte Hochschule mit handlungsfähiger Zentrale und international anerkannten Abschlüssen und andererseits den Fortbestand der ehemaligen Berufsakademien, die ihre Stärke aus ihrer Eigenständigkeit und der erfolgreichen Kooperation mit den örtlichen Unternehmen beziehen. Diese sensible Balance von Zentralität und Dezentralität bringt die grüne Wissenschaftsministerin nun aus dem Gleichgewicht, mit dem angeblichen Ziel, die Zentrale zu stärken. Indem sie nun aber Zentrale und DHBW-Standorte gegeneinander aufbringt, wird die Duale Hochschule nicht gestärkt, sondern erheblich geschwächt. Nach den Musikhochschulen droht die DHBW-Reform von Ministerin Bauer zum zweiten hochschulpolitischen Missgriff zu werden.

4. Die Zielsetzung eines verbesserten Zugangs der Hochschulen für angewandte Wissenschaften und der Dualen Hochschule zur Promotion ist grundsätzlich aller Ehren wert, aber der Vorschlag hat schwere handwerkliche Mängel und ist kein wirkliches Konzept.
Nach Evaluations- und qualitätsgeleiteten Kriterien sowie befristet und thematisch begrenzt, wird hier etwas herumgedoktert. Das Ziel der Ministerin ist wohl, dies auf dem Verordnungsweg zu regeln. Dieses fundamentale Anliegen des Promotionsrechts wird von der Wissenschaftsministerin im Unklaren gelassen – und wir im Parlament sollen zustimmen, sozusagen die Katze im Sack kaufen. Wie bei Umweltgesetzen versuchen Sie, das Ministerium auf dem Verordnungs- und Richtlinienweg am Parlament vorbei zu ermächtigen.

Wenn aus unserer Sicht eine Institution in Frage kommt zu beurteilen, ob einem HAW-Verbund das Promotionsrecht zuerkannt werden solle, ist dies nicht das Ministerium, sondern der Wissenschaftsrat, der mit Exzellenzfeststellungen Erfahrung hat. Abschließend sollten wir nach der Anhörung vor allem auch die Anliegen des Verbandes der Privaten Hochschulen, die nicht nur Hochschulen, sondern zugleich auch Unternehmen sind, im Gesetzeswerk mehr berücksichtigen.

Der vorgelegte Gesetzentwurf bedarf gründlicher Überarbeitung, denn er ist freiheits- und vielfaltsfeindlich, sehr wohl aber bevormundungs- und bürokratiefreundlich. Er ist zu theoretisch und von Ideologie geprägt, er ist zu wenig innovativ und geht an der Lebenswirklichkeit vorbei.“

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