Wie funktioniert es?
Beschlossen wurde ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht, das Ihnen bei der nächsten Landtagswahl im Stile des Bundestagswahlrecht ermöglichen soll, zwei Stimmen abzugeben.
- Eine für einen örtlichen Kandidaten
- eine für eine von den Parteien aufzustellende Landesliste, so wie bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag auch.
Dabei zieht der Kandidat in Ihrem Wahlkreis in den Landtag ein, der die meisten Erststimmen erhält, sowie weitere Kandidaten von Landeslisten der Parteien, die insgesamt mehr als 5 Prozent der Zweitstimmen erhalten haben.
Ob in Ihrem Wahlkreis weitere Kandidaten einziehen, hängt davon ab, ob diese Kandidaten aus Ihrem Wahlkreis auf ihren jeweiligen Landeslisten einen Platz haben, der für ein Mandat ausreicht. Die Reihenfolge wird von den Parteien bestimmt.
Wir unterstützen die folgenden Ziele der Reform:
Ändert sich bei den Wahlberechtigten etwas?
Ja!
Im Zuge der Reform wurde eine Verfassungsänderung mitbeschlossen, die das aktive Wahlalter auf 16 Jahre absenkt. Das bedeutet, ein Sechzehnjähriger kann zwar nicht selbst Abgeordneter werden, darf aber zwei Stimmen abgeben. Dieser Verfassungsänderung haben wir zugestimmt, denn wir finden es richtig, auch der Gruppe derjenigen, die am Wahltag zwischen 16 und 18 Jahre alt sind, die Möglichkeit zu geben, über die Zusammensetzung des Parlaments mitzubestimmen.
Was sehen wir kritisch?
Wir sehen drei sehr kritische Punkte, die ebenfalls von den sachverständigen Wahlrechtsexperten vorgetragen und leider von den Fraktionen der Grünen, der CDU und der SPD ignoriert wurden.
XXL-Landtag
Der am meisten debattierte Teil des Bundestagswahlrechts – die Tendenz immer größer zu werden – wurde leider nicht berücksichtigt. Durch die Struktur unseres Parteiensystems und die Eigenheiten des Zwei-Stimmen-Wahlrechts, mittels der Stimmabgabe der beiden Stimmen zwei unterschiedliche ‚Parteifarben‘ wählen zu können, steigt die Gefahr von Überhangmandaten massiv an. Diese entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erringen kann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustünden. Um das Stärkeverhältnis des Wählervotums im Parlament adäquat abbilden zu können, wird dann bei allen anderen in den Landtag gewählten Parteien so lange mit Mandaten aufgefüllt, bis die Stärke der einzelnen Parteien untereinander auch im Parlament so abgebildet ist, wie das Zweitstimmenergebnis bei der Wahl ausgefallen ist. So wächst der Landtag.
Mandatsnachfolge
Es wurden bedenkliche Regelungen zur Mandatsnachfolge beschlossen, wenn ein Abgeordneter ausscheidet oder sein Amt nicht antritt. Dies soll nun über zwei unterschiedliche Verfahren geregelt werden. Zum einen können Parteien für ihre Direktkandidaten örtlich Ersatzbewerber bestimmen, zum anderen können die Parteien für ihre Landeslisten Listenersatzbewerber für jeden Listenplatz küren. Das wirft das Problem auf, dass man vor der Wahl nicht wissen kann, wer ggfs. nachrückt, da noch nicht klar ist, an wen das Direktmandat und an wen potenzielle Listenmandate gehen. Zusätzlich macht es das Wahlrecht rechtlich angreifbar, weil damit Bewerber um ein Mandat unterschiedlich behandelt werden.
Weitere Verfassungsänderungen
Ein weiterer kritischer Punkt sind umfassende weitere Verfassungsänderungen, die im Zuge der Wahlrechtsreform mitbeschlossen wurden, mit dem Wahlrecht aber gar nichts zu tun haben.
So wurde eine Verfassungsänderung zum Alterspräsidenten mitbeschlossen, die von der Sachverständigen kritisch beurteilt wird, ebenso wie die Möglichkeit von digitalen Sitzungsteilnahmen. Die rechtlichen Hürden für digitale Abstimmungen sind vom Bundesverfassungsgericht sehr hoch gesetzt worden, die in diesem schnellen Verfahren nicht hinreichend gewürdigt wurden. Ebenfalls kritisch ist die grundsätzliche Einführung eines Anspruchs auf Homeoffice als Abgeordneter. Die Verfassungsänderung ist so formuliert, dass man daraus ableiten kann, dass jeder Abgeordnete das Recht hat, digital an Sitzungen teilzunehmen, wenn er keine Lust hat, an Plenartagen nach Stuttgart zu fahren.
Wir haben diese drei zusätzlichen, kurzfristigen und nichts mit dem Wahlrecht zu tun habenden Verfassungsänderungen deshalb abgelehnt.
Unsere Lösungen
Für die Mandatsnachfolge hatten wir vorgeschlagen, einfach denselben Modus wie bei der Bundestagswahl anzuwenden und ausschließlich über die entsprechenden Landeslisten aufzufüllen. Den entsprechenden Änderungsantrag mit ausführlicher Begründung finden Sie hier: Weiterlesen
Das wurde leider von Grünen, CDU und SPD abgelehnt.
Um einen XXL-Landtag zu verhindert, wollten wir die Anzahl der Wahlkreise reduzieren. Indem die Anzahl der Wahlkreise reduziert wird, wird auch die Anzahl der vergebenen Direktmandate reduziert. Diese wegfallenden Direktmandate müssen dann auch nicht ausgeglichen werden.
Die Sachverständigen gehen von einer angemessenen Anzahl der Wahlkreise zwischen 40 und 50 aus.
Wir haben in einem Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf die Reduktion von 70 auf 60 beantragt. Dieser wurde leider von Grünen, CDU und SPD abgelehnt.
Aktuelle Sitzverteilung und analoge Übertragung der Ergebnisse der Bundestagswahl aus dem September 2021 für die Landtagswahl nach dem nun beschlossenen Wahlrecht:
Das sind 80 Prozent mehr als die Soll-Größe. Für die FDP-Fraktion ist das untragbar! Weder im Sinne des Steuerzahlers, noch im Sinne eines funktionierenden Parlaments hätte das so beschlossen werden dürfen!