Berroth: Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag – Zweifel bleiben
Fachleute haben rechtliche Bedenken – Als zeitlich befristetes Provisorium sehen – Die finanzpolitische Sprecherin der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Heiderose Berroth, sagte in einer Landtagsdebatte über das „Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland“: „Die Fraktion der FDP/DVP wird dem Glücksspielstaatsvertrag zustimmen. Aber ich will auch an dieser Stelle kein Hehl daraus machen, dass wir unverändert Zweifel daran haben, dass dieser Staatsvertrag die vorgesehene Laufzeit von vier Jahren überhaupt erreichen wird. Wir müssen damit rechnen, dass es zu einem Vertragsverletzungsverfahren vor dem Euro-päischen Gerichtshof kommt. Und es kann durchaus sein, dass andere Klagen – Klagen aus den Reihen derer, die von den Regelungen des Staatsvertrags negativ betroffen sind -, den Europäischen Gerichtshof schon früher erreichen.
Ich mache mir die Rechtsauffassungen, mit denen wir von interessierter Seite zeitweilig ge-radezu überschwemmt worden sind, ausdrücklich nicht zu Eigen. Aber es sollte uns doch zum Nachdenken Anlass geben, wenn auch eine zweifelsfrei unabhängige Einrichtung wie der wissenschaftliche Dienst des Landtags von Schleswig-Holstein in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass erhebliche Bedenken in Bezug auf die Vereinbarkeit des Glück-spielstaatsvertrags mit der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, aber auch mit dem Willkürverbot innerhalb des Gemeinschaftsrechts bestehen.Diese Bedenken leiten sich insbesondere aus der Tatsache ab, dass mit dem Staatsvertrag eben gerade keine Struktur einer einheitlichen Regulierung des Glückspiels geschaffen wird, sondern dass – vor allem aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeitsregelungen zwischen Bund und Ländern – die ja auch durchaus suchtrelevanten Bereiche der Glückspielautoma-ten mit Gewinnmöglichkeiten und der Pferdewetten ausgespart bleiben. Und hieraus folgt – so das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes -, dass „die Außerachtlassung zentraler Gebiete des Glückspielwesens die Eignung der dann lediglich sektoral ansetzenden Regelungen des Glückspielstaatsvertrags in Frage stellt. Das Ziel einer effektiven Suchtbekämpfung dürfte bei einer gesetzgeberischen Untätigkeit, die wesentliche Referenzbereiche ausklammert, ersichtlich kaum zu erreichen sein.“Wir bewegen uns mit dem Glückspielstaatsvertrag also auf schwankendem Boden. Auch wir wollen aber nicht, dass – wenn die Länder es nicht schaffen würden, das Recht der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bis zum 31.12.2007 neu zu regeln – dann ein Zustand eintreten würde, der keinerlei politisch gestalteten Ordnungsrahmen aufweist. Wir verstehen diesen Staatsvertrag deshalb als zeitlich befristetes Provisorium, das uns – wegen der rechtlichen Unsicherheit und wegen der zeitlichen Befristung – Anlass geben muss, uns sehr rasch und sehr viel intensiver, als es bisher der Fall war, mit alternativen Lösungen auseinanderzusetzen. Es ist gut möglich, dass wir einen alternativen Ordnungsrahmen viel schneller brauchen, als all denen bewusst ist, die den Glückspielstaatsvertrag heute noch als ordnungspolitisches Non-plus-ultra ansehen.“