Bullinger: Die Zukunft gehört den Regionen mit florierenden Firmen und hohem Freizeitwert
Grün-Rote Landesregierung muss negativen Auswirkungen des demographischen Wandels in den ländlichen Räumen entgegensteuern – Die Enquete-Kommission „Demografischer Wandel – Herausforderungen an die Landespolitik“ des 13. Landtags hat sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels befasst und einen umfangreichen Handlungskatalog erstellt. Auch der 14. Landtag hat hier umfassend beraten. Und seine Möglichkeiten zur Unterstützung der Infrastruktur im ländlichen Raum genutzt. Kein anderes Bundesland kann eine solch positive Struktur in ländlichen Räumen vorweisen wie Baden-Württemberg. Das ist der Verdienst der Politik von schwarz-gelb in den letzten 15 Jahren. Der ländliche Raum wird von den zu erwartenden demografischen Entwicklungen als erstes und am intensivsten betroffen sein.
Anlass unserer Großen Anfrage ist, dass die FDP/DVP-Landtagsfraktion es für notwendig erachtet, die Auswirkungen des demografischen Wandel eigenständig für den ländlichen Raum zu betrachten und die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission einzufordern. Das heißt, wir wollen wissen, ob die neue Landesregierung die erfolgreiche Politik für den ländlichen Raum unter Berücksichtigung des demografischen Wandels fortsetzt und was die Landesregierung konkret darüber hinaus tun will. Dazu kommt, dass jüngste Entwicklungen darauf hindeuten, dass der ländliche Raum mit Kompetenzeinbußen zu rechnen hat und auch mit als erster vom Facharbeiter- und Ingenieurmangel betroffen sein wird. Ich meine gar nicht die unsäglichen Aussagen des SPD-Wirtschafts- und Finanzministers Schmid gegen den ländlichen Raum, sondern konkret die Auswirkungen für den ländlichen Raum durch die falsche Politik der neuen Landesregierung im Bereich Infrastruktur, Bildungswesen, Polizeireform.Die Stärke unseres Landes rührt daher, dass wir im ganzen Land attraktiv sind. Dies zeigt allein schon, dass die ländlichen Räume wie z. B. die Region Heilbronn-Hohenlohe-Franken oder Oberschwaben bundesweit mit Abstand die niedrigsten Arbeitslosenzahlen aufzuweisen haben und gleichzeitig den höchsten Zuwachs innovativer Arbeitsplätze vorweisen.Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Abfederung der Folgen eines demografischen Wandels werden Lösungen für die unterschiedlichsten Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge sein. Es gibt eben keine S-oder U-Bahn von Großengstingen nach Münsingen oder von Unterdeufstetten nach Crailsheim. Wir brauchen gerade im ländlichen Raum eine moderne und individuelle Mobilität mit ordentlichen Straßen, einem ÖPNV, nicht nur wenn die Schule stattfindet, sondern gerade für die jungen Menschen auch Modelle wie Rufbus, Fahrgemeinschaften und anderes mehr. Der ländliche Raum muss weiterhin ein attraktives Wohnumfeld bieten, um die Bevölkerung langfristig zu binden.Von heute 16,7 Millionen Menschen in Deutschland wird die Zahl der über 65 Jahre alten Menschen bis 2030 auf mehr als 22 Millionen ansteigen. Rund 1/3 der Bevölkerung wird damit älter als 65 Jahre sein. Wer mit offenen Augen heute durchs Land fährt, kann die Situation heute schon an den vielen leer stehenden Gebäuden in kleinen Weilern und Teilorten erkennen. Der Trend heißt: Weg vom kleinen Dorf, hin zum Mittel- oder Oberzentrum. Auch wenn die Bevölkerungszahl z. B. in dem sehr prosperierenden Landkreis Schwäbisch Hall einen Zuwachs verzeichnet, sind Gemeinden dabei, die jährlich mehr als 50 bis 100 Bewohner weniger zählen und gleichzeitig die beiden großen Kreisstädte dies an Zuwachs zu verzeichnen haben. Von den 440 Landkreisen und kreisfreien Städte in Deutschland gibt es nach Einschätzung der TÜV Süd-Tochter mehr Gebiete, die an Attraktivität verlieren, als solche, die gewinnen werden. Man geht sogar davon aus, dass nur ¼ ein echtes Potential nach oben hat. Und dies sind Regionen mit florierenden Firmen und hohem Freizeitwert. Immer mehr Menschen zieht es vom Land in die Stadt, wo sie arbeiten. Denn das spart Zeit, teures Benzin und bringt kulturelle Vielfalt. Dies alles erfordert einen spezifischen Handlungsbedarf für den ländlichen Raum aber auch für die Stadt-Umland-Gebiete. Die Landes-politik ist zum Handeln aufgefordert. Oberstes Ziel muss bleiben: gleichwertige gute Lebensverhältnisse in Ballungsräumen wie in ländlichen Räumen zu erhalten. Wir wollen keine Verhältnisse wie z. B. im Erzgebirge, in den neuen Bundesländern, im Hundsrück, Sauerland oder Saarland oder gar wie in den Vogesen oder in Lothringen, wo es heute schon Geisterdörfer und geschliffene Weiler gibt. Im Bereich der Agrar- und Wirtschaftsförderung, mit Maßnahmen der Städtebausanierung, bei der Gesundheitsvorsorge, bei der Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur, bei der Versorgung in der IT-Technologie gibt es noch viel zugunsten des ländlichen Raums zu verbessern. Auch das bürgerschaftliche Engagement im Sinne Hilfe zur Selbsthilfe, sei es in der Altenbetreuung, bei der Jugendarbeit, bei der Unterstützung der Vereine, bieten sich Möglichkeiten, die Attraktivität der ländlichen Räume zu stabilisieren. Auf Grund der absehbaren Entwicklung und den Herausforderungen durch die demografische Entwicklung fordere ich von der Landesregierung:1. Bei der Strukturförderung des Landes mit dem Schwerpunkt zugunsten des ländlichen Raums nicht nachzulassen und individuelle regionale Fördersätze und Förderkulissen einzurichten.Bei der Förderung des ländlichen Raums als Wirtschaftsstandort insbesondere keine Kürzungen beim ELR-Programm vorzunehmen, sondern die bisherige Handhabung beizubehalten und das Programm finanziell auszustatten. 2. Den Erhalt wohnortnaher, bedarfsgerechter und qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung sowie bei der Unterstützung von Vernetzungen bei Gesundheitsdienst-leistungen aber auch bei der Modernisierung der Krankenhausstandorte einen Schwerpunkt im ländlichen Raum zu setzen. 3. Ein leistungsfähiges Verkehrssystem mit neuen Mobilitätskonzepten für den ländlichen Raum zu organisieren. Gerade im ländlichen Raum muss uns bewusst sein, dass Verkehrsadern Lebens- und Wirtschaftsadern sind. 4. Eine Sicherung der Tragfähigkeit von Einzel- und Versorgungsstrukturen gilt es zu unterstützen. 5. Eine bessere Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements in den Kommunen und Vereinen ist angezeigt, denn nichts ist effektiver und rentabler als die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements. 6. Die Fortführung und finanzielle Ausstattung der sehr erfolgreichen Städtebauförderung gerade auch in kleinen Gemeinden, um das innerörtliche Potential zu stärken und die Innenorte attraktiv zu halten.7. Ich fordere die Landesregierung auf, den Beschluss des Präsidiums des Landkreistages, einen Kabinettsausschuss „Herausforderung demografische Entwicklung“ mit dem Schwerpunkt „Ländlicher Raum“ einzurichten und zwar als Stabsstelle im Staatsministerium, um die vielfältigen Maßnahmen besser koordinieren zu können.