Bullinger: Erneuerbare Energien sollen größeren Beitrag im Energiemix leisten
Experten diskutieren auf Foyer liberal Chancen und Grenzen der Bioenergie – „Die erneuerbaren Energien spielen bei der dringend notwendigen klimaverträglichen Energieversorgung eine große Rolle. Insbesondere soll die Energie aus pflanzlichen Rohstoffen, die sogenannte Bioenergie, als Brennstoff in Öfen, Kraftwerken oder Kraftfahrzeugen einen wichtigen Beitrag leisten. Die Menschheit hat durch den Einsatz fossiler Energieträger gravierende Klimaveränderungen verursacht, was zu Naturkatastrophen mit Tausenden von Toten und Schäden in Milliardenhöhe geführt hat. Deshalb müssen die erneuerbaren Energien einen größeren Beitrag im Energiemix leisten“. Dies sagte der stellvertretende Vorsitzende und agrarpolitische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Friedrich Bullinger, auf dem foyer liberal, einer Diskussionsveranstaltung der FDP/DVP-Landtagsfraktion im Landtag mit dem Titel “EU-Agrarpolitik und Bioenergie der zweiten Generation“.
Zum wiederholten Mal hatte die FDP-Fraktion Experten geladen, die die Chancen und Grenzen der Biomassenutzung ausloten sollten. Unter der Diskussionsleitung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und europapolitischen Sprechers Michael Theurer, sagte Julien Mousnier, Bioenergieexperte und Mitglied im Kabi-nett der EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel, Brüssel, dass die EU-Kommission sich vorstellen könnte, das bis zum Jahr 2020 vereinbarte CO2-Minderungsziel von 30 auf 40 Prozent hochzusetzen. Mousnier stellte auch in Aussicht, dass bis zum Jahr 2020 im Automobilverkehr der Anteil der erneuerbaren Energien zehn Prozent betragen werde. Er warnte, die Probleme bei der Produktion von Nahrungsmitteln und der Produktion von Kraftstoffen auf der Basis von Bioenergie überzubewerten. Der frühere liberale Abgeordnete des Europäischen Parlaments und heutige Vor-standsvorsitzende von „global woods“, Dr. Manfred Vohrer, sagte, der Einsatz der Biomasse, der zurzeit eine riesige Nachfrage von allen Seiten zukomme, müsse von der Agrar-, Forst- und Entwicklungshilfepolitik zusammen gestaltet werden. Auch er betonte, die Diskussion darüber, ob die Nachfrage nach Biomasse der ersten Gene-ration wie Getreide, Mais, Soja, Raps zu Nahrungsmittelknappheit und radikalen Ab-holzung von Regenwäldern geführt habe, müsse versachlicht werden. Vohrer empfahl, die zweite Bioenergie-Generation mit dem Pyrolyse-Verfahren als Schwerölersatz in den Entwicklungsländern einzusetzen.Professor Dr. Eckhard Dinjus, Leiter der Pilotanlage zur Schnellpyrolyse im For-schungszentrum Karlsruhe, erläuterte die Problemlage am Beispiel der Mobilität: „Mobilität ist ein hohes Gut. Wer möchte schon gern darauf verzichten? Doch der Rohstoff Öl wird immer knapper. Schon jetzt müssen der Erde die letzten Tropfen mit immer mehr ausgeklügelten und aufwendigen Methoden abgerungen werden. Ein weiteres Problem ist, dass durch die Verbrennung von Benzin und Diesel CO2 in die Atmosphäre gebracht wird, das vorher in fossilen Ölvorkommen gespeichert war. Ein Ausweg aus der Misere könnte die Gewinnung von Kraftstoffen aus Biomasse sein. Biokraftstoffe wie Biodiesel aus Raps gibt es ja bereits.“„Mit neuen Verfahren aber könnten auch biologische Reststoffe, wie zum Beispiel Stroh oder Holzspäne zu Benzin oder Diesel verarbeitet werden – hier sind wir im Bereich der Biomasse der zweiten Generation“, sagte Dinjus weiter. Der Verarbeitungsprozess könnte schon beim Landwirt beginnen und so die Transportkosten ver-ringern. „Biomasse to Liquid“ heißt das Verfahren – kurz (bioliq).“ Mit der ersten Stufe könnten die Land- und Forstwirte Geld verdienen, die zweite Stufe der Pyrolyse münde in die Gewinnung von Gas. Die Pyrolyse könne im nächsten Jahr allgemein zur Anwendung kommen, es gebe keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, so Dinjus.Prof. Dr. Bastian Kaiser, Rektor der Fachhochschule für Forst- und Landwirtschaft, berichtete vom „Megatrend Holz“. Die Diskussion über Vor- und Nachteile bei der Produktion von Bioenergie sollte „nicht überstrapaziert“ werden, so Kaiser. Es gelte, die „Experten der Energie- und der Klimaseite“ an einen Tisch zu bringen. „Biomasse muss auf jeden Fall auch menschlich genutzt werden können und dürfen“, sagte Kaiser. Karl Weinmann, Chef der Weinmann Holzbausystemtechnik, berichtete, dass der deutsche „Fertighaus-Standard“ weltweit führend sei. Die Akzeptanz von Holzhäusern habe in den letzten Jahren zugenommen. In der Schweiz und in Großbritannien würden sogar vierstöckige Häuser aus Holz gebaut – das sei ohne Probleme möglich, da die spezifische Festigkeit von Holz an Stahl herankomme.