Pressemitteilung

18.März 2009

Goll: Sterbehilfe zu gewerblichen Zwecken soll unter Strafe gestellt werden

Wetzel: Politik steckt beim Thema Sterbehilfe in einem Dilemma – Auf dem liberalen Rechtstag der FDP/DVP-Landtagsfraktion mit dem Titel „Juristische und ethische Aspekte der organisierten Sterbehilfe“ lehnte Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll „das organisierte Geschäft mit dem Tod“ entschieden ab. Der Minister wies darauf hin, dass das baden-württembergische Justizministerium gemeinsam mit dem Land Bayern einen Vorschlag erarbeitet habe, wonach neben dem Betreiber auch der Gründer einer Organisation bestraft werde, deren gewrblicher Zweck oder oder Tätigkeit darauf gerichtet sei, anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu ge-währen oder zu verschaffen. Gleichfalls bestraft werden soll derjenige, der den Betrieb einer solchen Organisation als Mitglied oder Außenstehender maßgeblich bestimme.

Der rechtspolitische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Peter Wet-zel, Moderator des Liberalen Rechtstags, sagte, die Politik stecke beim Thema Sterbehilfe in einem Dilemma. Einerseits wolle sie die organisierte Sterbehilfe verbieten, andererseits aber Sterbehilfe im Einzelfall nicht völlig ablehnen. Umfragen in Deutschland zeigten, dass auch die Bürgerinnen und Bürger verschiedener Meinung seien. Viele lehnten die organisierte Sterbehilfe ab, wie sie Schweizer Vereine prakti-zierten. 40 Prozent der Ärzte wiederum könnten sich vorstellen, Beihilfe zum Suizid zu leisten, so eine Umfrage des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, die Wetzel zitierte. Dieses Ergebnis stehe im Gegensatz zur gemeinsamen Position der Bundesärztekammer, der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche: Danach widerspreche Beihilfe zum Suizid dem ärztlichen Ethos und sei deshalb nicht zu rechtfertigen. Nach den Worten von Wetzel ist Prof. Jochen Taupitz, Mitglied des Deutschen Ethikrates, anderer Meinung: Ein Arzt dürfe helfen – Kranke, die schwere körperliche Leiden ertragen müssten, hätten gute Gründe aus dem Leben zu scheiden. Wie Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll weiter sagte, habe er Achtung vor dem Selbst-bestimmungsrecht der Menschen. Das könne aber nicht heißen, dass jedem oder jeder der Weg geebnet werden müsse, wenn er oder sie den Tod suche. Mit organisierter Sterbehilfe sei auch nicht die wertvolle Arbeit in Hospizen und ähnlichen Einrichtungen gemeint, die mit der umsorgenden Betreuung sterbender Menschen tat-sächlich Hilfe im Sterben organisiere. „Mir geht es um die Menschenwürde, den Stellenwert des menschlichen Lebens, um die Gefahren, die dem Leben nicht zuletzt aus einer Kommerzialisierung des Todes drohen. Es geht um die Folgen eines Dienstleistungsangebotes in einen vermeintlich leichten Tod, einem Angebot mit dem Geld verdient werden soll. Wir sollten gegen diejenigen strafrechtlich vorgehen, die Sterbehilfe organisiert, mit Profit und gewerbsmäßig betreiben“, sagte der Justizmi-nister.Prof. Ulrich Goll wies darauf hin, dass sich nach geltendem Recht nur derjenige strafbar mache, der einen anderen töte, nicht wer sich selbst töte. „Straflos ist also nur der Tod durch eigene Hand. Wer einen anderen auf dessen ausdrückliches und ernstliches Verlangen tötet, macht sich nach Paragraf 216 des Strafgesetzbuches strafbar. Die sogenannte erlösende Spritze eines Arztes, die sich nach veröffentlichten Umfragen manche wünschen, ist mit unserem Strafrecht nicht zu vereinbaren.“Andere Länder, beispielsweise die Niederlande, erlaubten dagegen die sogenannte Euthanasie. „Bei uns will das aber kein ernsthafter Rechtspolitiker“, so Goll. Nach seinen Worten wäre es eine unerträgliche Relativierung des Lebensschutzes, wenn wir die Tötung eines anderen Menschen erlauben würden, sei es mit seinem Einverständnis, sei es aus Mitleid.Wie der Justizminister weiter sagte, hat der Bundesgerichtshof vor vielen Jahren im sogenannten Wittig-Fall entschieden, dass mit der eintretenden Handlungsfähigkeit des Suizidenten die Tatherrschaft über das Geschehen auf die Umstehenden übergeht. Daraus leitet das Gericht ab, dass jetzt der Sterbewillige gerettet werden müsse. Ansonsten könne man sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen. Das führt nach den Worten von Goll zu der geradezu unmenschlichen Konsequenz, dass beispielsweise Angehörige, die sich schweren Herzens damit abgefunden haben, dass ihr schwer kranker Mann nicht länger leiden und sich töten will, diesen Menschen allein sterben lassen müssen, um strafrechtliche Risiken zu vermeiden. Goll: „Es liegt deshalb auf der Hand, dass diese Rechtssprechung sehr umstritten ist und Wege gesucht werden, sie zu relativieren.“ —–Zu Beginn des Liberalen Rechtstags bat Hans-Peter Wetzel die rund 100 Teilnehmer um ein stilles Gedenken an die durch einen 17-jährigen Amokläufer grausam zu Tode gebrachten Jugendlichen und Erwachsenen in Winnenden und Wendlingen.

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