Pressemitteilung

25.Februar 2020

Rülke: Wir haben in Baden-Württemberg ganz andere Themen

Dr. Hans-Ulrich Rülke

Der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion, stv. Landesvorsitzende und Mitglied des FDP-Bundespräsidiums, Dr. Hans-Ulrich Rülke, gab dem „Mannheimer Morgen“ (Dienstags-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Peter Reinhardt.


Frage: Herr Rülke, nach den Stimmanteilen hat die FDP in Hamburg ein Drittel verloren. Wo sehen Sie die Gründe für diesen Erdrutsch?

Hans-Ulrich Rülke: In Hamburg war eine schwierige Situation aufgrund der Ereignisse in Thüringen. Da war klar, dass das relativ gute Ergebnis der FDP von 2015 nur sehr schwer zu wiederholen war. Außerdem hat sich der Wahlkampf polarisiert auf die Frage, ob SPD-Bürgermeister Tschentscher bleibt oder durch die Grünen-Kandidatin abgelöst wird. Eine solche Polarisierung ist immer schwierig für die kleineren Parteien. Das hat am Ende auch die CDU gemerkt.

Frage: War es nicht so, dass Ihre Hamburger Parteifreunde den großen Vertrauensverlust ausbaden mussten, den die FDP-Spitze mit dem Thüringer Kurs angerichtet hat?

Rülke: Nicht die FDP-Spitze, sondern die Ereignisse von Thüringen.

Frage: …und das Hin und Her des Vorsitzenden Lindner…?

Rülke: Da gab es kein Hin und Her. Der Vorsitzende hat eindeutig gesagt, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD gibt. Nachdem klar war, dass es in Thüringen zu keiner Minderheitenregierung der demokratischen Parteien kommt, hat er dem Kollegen Kemmerich den Rücktritt nahegelegt. Den hat dieser innerhalb von 24 Stunden vollzogen. Die CDU hat bis zum heutigen Tag ihre Situation in Thüringen nicht geklärt.

Frage: Aber der Herr Lindner hat die Wahl von Kemmerich erst mal begrüßt!

Rülke: Nein, hat er nicht. Das müssten Sie mir nachweisen.

Frage: SPD-Generalsekretär Klingbeil spricht der FDP den Status als Mitte-Partei ab. Hat er ein bisschen Recht?

Rülke: Zunächst entscheiden die Wähler, wo sie eine Partei verorten und nicht der politische Gegner. Dass Herr Klingbeil versucht, aus der Situation in Thüringen Kapital zu schlagen, ist seine Sache. Wer in Thüringen mit Leuten wie Herrn Ramelow kooperiert, die leugnen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, der hat auf der linken Seite ein Problem.

Frage: Wie kommt man in Thüringen aus dem Schlamassel?

Rülke: Wir haben Neuwahlen empfohlen, obwohl die FDP bei vier Prozent steht. Das will offensichtlich die CDU nicht, aus Angst um ihre Mandate. Deshalb verbündet sich die CDU in Thüringen mit der Linkspartei.

Frage: Die nächsten Wahlen auf Landesebene finden in gut einem Jahr in Baden-Württemberg statt. Wie sehr ist die FDP hier in Mitleidenschaft gezogen?

Rülke: Da sehe ich keine Probleme. Wir haben in Baden-Württemberg bisher etwa 20 Austritte. Aus den Rückmeldungen sehen wir, dass es keine Zweifel an der festen demokratischen Haltung der FDP gibt. Dafür ist Ministerpräsident Kretschmann ein unverdächtiger Zeuge, der in einem Interview gesagt hat, die baden-württembergische FDP sei in dieser Frage über jeden Zweifel erhaben.

Frage: Eigentlich sollte der Thüringer Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich beim politischen Aschermittwoch der Südwest-FDP sprechen. Warum wurde er wieder ausgeladen?

Rülke: Wir haben die Situation mit ihm diskutiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der politischen Entwicklung und der Sicherheitslage ein Auftritt nicht sinnvoll wäre. Im Moment ist Herr Kemmerich wegen der ganzen Morddrohungen und Anfeindungen besser bewacht als der US-Präsident. Da hätte man in Karlsruhe die Veranstaltung sichern müssen wie Fort Knox.

Frage: Der Landesvorstand hat einen Mitgliederentscheid über die Spitzenkandidatur eingeleitet. Gibt es außer Ihnen schon weitere Vorschläge?

Rülke: Das weiß ich nicht. Ich bin ja nicht dafür zuständig, Gegenkandidaten für mich zu suchen.

Frage: Gibt es politische Themen, die sie als Folge der Hamburg-Wahl in Baden-Württemberg aufgreifen wollen?

Rülke: Da gibt es keine Schlussfolgerungen. Hamburg war eine Kommunalwahl im Norden. Wir haben in Baden-Württemberg ganz andere Themen. Bei uns geht es um die Zukunft der Automobil- und Zuliefererindustrie. Wir wollen nicht wie die Grünen den Verbrennungsmotor verbieten, sondern eine umweltfreundliche Verkehrswende auf der Basis von Diesel, synthetischen Kraftstoffen und Wasserstoff. Wir werben für die Rückkehr zu einem vielgliedrigen Schulsystem und die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung. Wir treten für eine effektive Digitalisierungspolitik mit einem eigenständigen Ministerium ein. Das Wohnraumproblem wollen wir mit einer Senkung der Grunderwerbsteuer lösen.

Weitere Pressemitteilungen zum Thema