Rülke und Bullinger: Grün-rotes Mittelmaß – nicht auch noch für die Wissenschaft
„Es muss Schluss sein mit der Vernachlässigung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durch Grün-Rot!“, sagten der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, und der wissenschaftspolitische Sprecher, Dr. Friedrich Bullinger auf einer Landespressekonferenz in Stuttgart. „Die Wissenschaftsministerin hat zwar viel Geld für die Hochschulen in die Hand genommen, wobei wir sie immer unterstützt haben. Dass die früheren Fachhochschulen und die Duale Hochschule dabei in vielen Fällen ziemlich leer ausgehen oder gar noch draufzahlen, wollen wir von Seiten der FDP-Fraktion aber nicht länger hinnehmen. Wir verlangen von der Wissenschaftsministerin endlich offenzulegen, was jede einzelne Hochschule vom Hochschulfinanzierungsvertrag an zusätzlichen Mitteln zu erwarten hat. Wenn sich dabei Ungerechtigkeiten zeigen, fordern wir gegenzusteuern. Ohne transparentes und faires Regierungshandeln hat man kein Recht zu behaupten, dass man für mehr Verlässlichkeit sorgt.“ Die beiden FDP-Politiker präsentierten das Impulspapier der FDP-Fraktion mit dem Titel: „Für eine Wissenschaftspolitik auf der Höhe der Zeit – damit unsere Hochschulen und Forschungseinrichtungen spitze bleiben“ (siehe Anlage).
Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) und die Duale Hochschule (DHBW) mit ihren neun Standorten seien laut Rülke und Bullinger deshalb die Verlierer des Hochschulfinanzierungsvertrags, weil sie in den vergangenen Jahren besonders engagiert neue Studienplätze eingerichtet hätten. Die dafür befristet bereit gestellten Mittel erhielten sie nun zwar auf Dauer, was aber als Erhöhung ihrer Grundfinanzierung gerechnet wird. „Mit solchen Rechentricks kann die Regierung vielleicht eine Bilanz schönrechnen. Aber mehr Wissenschaftler können die Hochschulen damit nicht beschäftigen. Im Gegenteil, manche Hochschulen könnten unterm Strich sogar gezwungen sein, Stellen abzubauen, weil sie zukünftig keine Zuschüsse aus dem aufgelösten Investitions- und Qualitätsfonds (IQF) mehr erhalten.“
Rülke und Bullinger weiter: „Mit typisch grünem Unverständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge verkennt die Wissenschaftsministerin vollständig, welches Potenzial in den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften steckt. Dass sich Frau Bauer für die Universitäten einsetzt, findet unsere Unterstützung. Denselben Einsatz erwarten wir von ihr aber auch bei der Förderung der HAW. Die Wissenschaftsministerin sollte endlich aufhören, die HAW und die DHBW wie Stiefkinder zu behandeln, nur weil sie dort weniger grüne Wähler vermutet als an den Unis.“ Denn nicht nur im Bereich der Lehre, sondern auch im Bereich der Angewandten Forschung seien die HAW echte Leistungsträger. Das gelte auch für die DHBW, die traditionell mit den Betrieben als ihren dualen Partnern verbunden sei, so die beiden FDP-Abgeordneten. Obwohl sie erst seit wenigen Jahren Mittel speziell für die Angewandte Forschung erhalten, konnten die HAW seit dem Jahr 2005 den Umfang der von ihnen eingeworbenen Drittmittel verdreifachen. Erfreulich sei, so Rülke und Bullinger, dass beinahe ein Viertel der Drittmittel aus der Wirtschaft stammt. „Gerade für die kleineren und mittleren Betriebe sind die HAW die geborenen Kooperationspartner, wenn es um Forschung für neue Verfahren und Produkte geht. Um weitere Kooperationen einzugehen, brauchen die HAW zunächst die dafür notwendigen Geräte, Labore und Räumlichkeiten. Die FDP-Fraktion schlägt deshalb ein Sonderprogramm in Höhe von 75 Millionen Euro für die Forschungsinfrastruktur an den HAW vor. Zusätzlich wollen wir bei ihnen jeden eingeworbenen Euro an Drittmitteln von Unternehmen mit 30 Cent Landeszuschuss belohnen.“
Laut Rülke und Bullinger hat die grün-rote Landesregierung die digitale Revolution an den Hochschulen verschlafen. Eine FDP-Anfrage an die Landesregierung ergab, dass an den Hochschulen ‚der Anteil an (reinen) Online-Angeboten derzeit gering ist‘. „Statt bei diesem Befund aktiv einzugreifen und die Hochschulen bei der Digitalisierung zu unterstützen, legt die Wissenschaftsministerin auch bei der Virtuellen Hochschule die Hände in den Schoß. Ihre Auskunft hierzu: Die Virtuelle Hochschule sei nicht als Hochschule im eigentlichen Sinne gedacht. Wir finden: Wer die Industrie 4.0 möchte, darf bei der Digitalisierung an den Hochschulen auf Stufe 3.0 nicht stehen bleiben. Was in diesem Bereich möglich ist, zeigt die Virtuelle Hochschule Bayern. Bayern hat uns hierbei so weit abgehängt, dass wir mit Bayern vereinbaren sollten, dass baden-württembergische Studierende die Angebote der Virtuellen Hochschule Bayern in Anspruch nehmen können. Das soll aber nicht heißen, dass sich die Landesregierung bequem zurücklehnen und den Bayern das Geschäft überlassen soll. Der Maßstab muss eine eigene Virtuelle Hochschule mit einem eigenständigen Studienangebot sein.“
Ferner forderten Rülke und Bullinger die Wissenschaftsministerin auf, ihren „durchsichtigen Eiertanz“ beim Thema Promotionsrecht zu beenden. „Um nirgendwo anzuecken, spricht sie sich einmal für eine Öffnung des Promotionsrechts für die HAW aus, ein anderes Mal erteilt sie diesem wichtigen Anliegen der HAW und der Wirtschaft eine Absage. Dabei hat der Landtag einstimmig den Vorschlag der FDP-Fraktion beschlossen, zur Qualitätssicherung bei einem befristeten Promotionsrecht für HAW-Verbünde den Wissenschaftsrat einzuschalten.“ Nach Auffassung der FDP-Fraktion hätte das ‚Baden-Württemberg Center of Applied Sciences (BW-CAR)‘, in dem die Spitzen der angewandten Forschung zusammengeführt werden, das Potenzial für einen HAW-Verbund mit Promotionsrecht. „Im Interesse unseres Forschungslands sollte Frau Bauer den Mut haben, das BW-CAR bei der Entwicklung eines Promotionskonzepts zu unterstützen und dieses dem Wissenschaftsrat vorzulegen. Für die FDP-Fraktion steht fest, dass über die Verleihung des Promotionsrechts allein die Qualität zu entscheiden hat.“ Schließlich sei auch die Innovationspolitik nicht gerade ein Herzensanliegen von Grün-Rot, so Rülke und Bullinger. „Dass Baden-Württemberg bei der Erforschung und Entwicklung von neuen Produkten weltweit an der Spitze steht, ist kein Naturgesetz. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen sinkt seit Jahren, und die hohe Zahl der Patentanmeldungen geht auf wenige größere Unternehmen zurück. Wir Freien Demokraten im Landtag halten es daher für ein Gebot der Stunde, spätestens jetzt gegenzusteuern. Damit noch auf dem Hochschulcampus, in einem Forschungsinstitut oder in einem Unternehmen innovative Ideen noch besser in marktfähige Produkte überführt werden, wollen wir jungen Existenzgründern mit Programmen wie beispielsweise ‚Junge Innovatoren‘ stärker unter die Arme greifen. Außerdem sollten die Innovationsgutscheine ausgebaut werden, die kleine und mittlere Unternehmen bei gemeinsamen Forschungsprojekten mit den Hochschulen einlösen können.“
Das Impulspapier finden Sie HIER.