Pressemitteilung

17.April 2008

„Sie haben Glück gehabt, Sie bekommen weiter die Förderung

Illustre Debattierrunde von Kunstschaffenden bekennt sich zur staatlichen Förderung – „Premiere mehr als gelungen“ – dieses Fazit zog der FDP-Fraktionsvorsitzende Ulrich Noll zum Start der neuen Veranstaltungsreihe „foyer liberal“. Die stellvertretende Vorsitzende und kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Heiderose Berroth, konnte im Landtag über 100 Zuhörer begrüßen. „Wozu das Theater?“ war die Frage des Abends. Peter Spuhler, Intendant des Theaters und Philharmonischen Orchesters der Stadt Heidelberg, zeichnete in seinem Impulsreferat das Schreckens-Szenario, dass es in Stuttgart nicht mehr jeden Abend über ein Dutzend Mal hieße: „Wir machen Theater“. Spuhler: „Wir verlören Kultureinrichtungen von internationalem Rang, Orte zum Mitfiebern und Mitleiden, Orte zum Freiheit erleben.“ Als Kernforderungen der illustren Debattier-Runde von Kulturschaffenden schälten sich im Laufe des Abend heraus: ein Lehrstuhl für Theaterpädagogik in Baden-Württemberg, mehr Theaterpädagogen an den Schulen des Landes, mehr finanzielle Förderung für die freien Theater, mehr Mut der Politiker, sich zum modernen Theater zu bekennen.

Peter Spuhlers Fazit einer insgesamt „vorbildlichen Theaterlandschaft Baden-Württemberg“ münzte Moderatorin Heiderose Berroth in die provokante Frage an Petra von Olschowski um, ob denn überhaupt genügend „Material“ für das Theater der Zukunft vorhanden sei. Die Geschäftsführerin der Kunststiftung Baden-Württemberg setzt auf die vielen neuen Autoren und nicht zuletzt auch auf die Amateur-Theatergruppen, die mit Experimentierfreude und Leidenschaft die Zukunft sicherten: „Um den Nachwuchs müssen wir uns keine Sorgen machen.“ Anja Wilkat, stellvertretende JuLi-Landesvorsitzende sowie Musik- und Jurastudentin, stellte allerdings fest, dass zu wenig junge Erwachsene ins Theater gingen. „Junge Leute vermissen den Erlebnis-Charakter, sie sind lieber spontan und ziehen mit ihrer Clique ins Kino“, zitierte Wilkat eine Umfrage des Deutschen Bühnenvereins. Die Mahnung der Jungen Liberalen, die Gruppe der „16- bis 19-jährigen Theater-Vermeider nicht an die Orte der hohen Kultur zu zerren“, war eine Steilvorlage für Hasko Weber, den Intendanten des Stuttgarter Staatstheaters. Um noch mehr Jugendliche fürs Theater zu be-geistern, brauche es mehr fähige Pädagogen mit speziellen Theaterkenntnissen. „Der Zugang zur Kultur wird nicht mit dem Zeigefinger, sondern mit mitreißendem Schwung vermittelt.“ Baden-Württemberg habe eine riesige Chance, wenn es gelänge, die schon vorhandenen Kompetenzen zu vernetzen. „Ich glaube, da muss nur noch der Schalter angeknipst werden“, so Weber, der die Theatertradition in Deutschland als „weltweit einmalig“ bezeichnete.Positiv äußerte sich die Runde zur Förderung der Staats- und Landestheater, wobei Matthias Rettner, Geschäftsführer des Aktionstheaters PAN.OPTIKUM Freiburg, allerdings klipp und klar sagte, dass die freien Theatergruppen deutlich mehr finanzielle Förderung durch Land und Kommunen benötigten. „Von einer Planungssicherheit über den Zeitraum von nur einem Jahr können wir leider nur träumen“. Entschieden wandten sich die Theater-Leute dagegen, dass der Erfolg einer Inszenierung nur an den Besucher-Zahlen ausgemacht wird. Hier wünschte man sich von den Politikern mehr Mut, sich auch vor umstrittene Inszenierungen zu stellen. Zur Frage, ob staatliche Förderung die Freiheit der Kunst beeinträchtige, kam von Petra Olschowski die Feststellung, sie habe noch nie erlebt, dass irgendeine staatliche Stelle Einfluss auf die Kunststiftung nehmen wollte: „Wenn Sie freie Kulturausübung haben wollen, dann brauchen wir die Förderung durch den Staat“, so ihr leidenschaftlicher Appell. Dem stimmten alle zu – ebenso der Behauptung, dass private Sponsoren viel eher Druck auf Kunstschaffende ausübten. Für Schmunzeln sorgte Peter Spuhler mit der Schilderung des bemerkenswerten Satzes eines privaten Mäzens zu (s)einem Regisseur: „Sie haben Glück gehabt, das Stück hat meiner Tochter nicht gefallen, aber dafür meiner Frau – Sie bekommen weiter die Förderung.“Hans Ilg, Pressesprecher

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