Pressemitteilung

28.November 2007

Bachmann: Sieben Unsicherheitsfaktoren bei Wachstumsprognose

Wirtschaftliche Aspekte eines möglichen Ausbaus müssen geprüft werden – In einer Landtagsdebatte mit dem Thema „Zweite Startbahn am Stuttgarter Flughafen verhindern“ sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dietmar Bachmann, unter anderem:

„Wer fliegt nicht gern billig? Unsere Umweltministerin hat seit langem vor den Folgen des ungebremsten Wachstums im Flugverkehr auf den Klimawandel gewarnt. Und sie hat eine Klimaabgabe auf Dienstflüge nach Berlin durchgesetzt. Diese Klimaabgabe soll jetzt auf alle Billigflüge ausgedehnt werden. So weit, so gut. Unsere Umweltministerin läutet den Herbst ein, indem sie vor schweren Gesundheitsschäden durch Lärm warnt. Sie stellt der Öffentlichkeit Gutachten vor, die eindrucksvoll belegen, dass der landesweit stärkste Lärm am Flughafen Stuttgart gemessen wird. So weit, so gut. Unsere Umweltministerin erklärt die Reduzierung des Flächenverbrauchs zu einem Kernziel ihrer Arbeit. So weit, so gut.Aber dann ist Georg Fundels großer Tag im Landtag von Baden-Württemberg. In seiner Ei-genschaft als Geschäftsführer fordert er eine zweite Start- und Landebahn am Flughafen Stuttgart. Es sollen nach seinem Gutachten bis zu sechs Millionen Passagiere mehr fliegen. Es sollen nach seinem Gutachten über 15.000 mehr Menschen massiv gesundheitsschädlichem Fluglärm ausgesetzt werden. Und es sollen 180 Hektar bester Filderboden verbraucht werden. Herrn Fundel dürfen wir keinen Vorwurf machen – als Geschäftsführer eines großen und wichtigen Unternehmens muss er für die Zukunft planen. So weit, so gut.Wir warten gespannt auf den Kommentar der Umweltministerin zu der Steigerung des Flug-verkehrs – und wir hören: nichts. Wir warten gespannt auf die Stellungnahme der Umweltmi-nisterin zum Fluglärm – und wir hören: nichts. Waren die Erklärungen zum Klimawandel, zum Lärm und zum Flächenverbrauch Sonntagsreden? Darf Montag wieder munter geflogen werden, wenn man nur seinen Obolus zahlt? Ist das etwa so eine Art Ablass? Ich zitiere: „Wenn der Gulden im Kasten klingelt, die Seele in den Himmel springt.“ Das war der bekannte Ablassprediger Tetzel.Bevor ich den Trecker meines Schwiegervaters für die Demo hole, will ich versuchen, mit nüchternen Fakten für mehr Vernunft in dieser Diskussion zu werben. Wie schnell der Kli-mawandel kommt, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass er schneller kommt, wenn wir mehr CO² produzieren. Ist es vor diesem Hintergrund ökologisch vertretbar, den Stuttgarter Flug-hafen auszubauen? Der Flughafen will für seine zweite Start- und Landebahn 180 Hektar. Fläche verbrauchen. Ist das ökologisch sinnvoll? Aber auch: Hat man nachgerechnet, wie sich Bruttosozialprodukt, Steuerkraft und Arbeitsplätze entwickeln, wenn wir die entspre-chende Fläche als Wohngebiet, als Gewerbefläche oder als Flughafen nutzen? Wäre der Ausbau denn wirtschaftlich überhaupt vernünftig? Der Flughafen Stuttgart hat nach seinen eigenen Angaben derzeit ein Passagieraufkommen von 10,3 Mio. Die von ihm vorgelegten Gutachten, die den Ausbau rechtfertigen sollen, gehen von 17,3 Mio. Passagieren im Jahr 2020 aus. Die Steigerung auf 14,1 Mio. Passagiere schafft der Flughafen bei der sogenannten Planungsvariante Null, also ohne zweite Start- und Landebahn. Es geht also um 3,2 Mio. erhoffte – wohlgemerkt erhoffte – Passagiere. Werden diese Passagiere je ab Stuttgart fliegen? Hat das Gutachten auch die Unsicherheitsfaktoren berücksichtigt?Unsicherheitsfaktor 1: Steigende Treibstoffpreise. Unsicherheitsfaktor 2: Steuerfreiheit des Flugbenzins – falls sie im Zeichen des Klimawandels fällt – übrigens eine Forderung des FDP Bundesparteitages – wird sich das Fliegen weiter verteuern. Unsicherheitsfaktor 3: Klimaschutzabgabe. Unsicherheitsfaktor 4: Konzentration bei den Luftverkehrsgesellschaften. Geht die Entwicklung so weiter, werden nur wenige Anbieter sich den Markt wie etwa beim Strom aufteilen – und Fliegen wird teurer. Unsicherheitsfaktor 5: Die ungebremste Verschär-fung von Sicherheitsstandards im Flugverkehr – und Fliegen wird teurer.Das sind fünf Fakto-ren, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Fliegen teurer und damit unattraktiver machen.Aber das ist noch nicht alles: Unsicherheitsfaktor 6: Wir bauen Stuttgart 21 – und das ist nur ein Teil des entstehenden europäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Die Bahn wird schneller und fliegen unattraktiver. Unsicherheitsfaktor 7: In unmittelbarer Nähe zu Baden-Württemberg gibt es mit Frankfurt, München und Zürich drei Knotenpunkte des internationa-len Luftverkehrs. Und alle drei werden ständig über die Bahn besser angebunden. Das macht den Flughafen Stuttgart unattraktiver. Sieben Unsicherheitsfaktoren bei der Wachstumsprognose. Freie Kapazitäten für 3,8 Mio. Passagiere ohne zweite Start- und Landebahn. Investitionen von 600 Mio. € seitens des Flughafens, der übrigens der Stadt Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg und damit den Bürgerinnen und Bürgern gehört. Weitere hunderte von Millionen Steuergelder für die Begleitinfrastruktur. Ist es wirtschaftlich vernünftig, eine Milliarde Euro zu verbauen, um erhoffte oder vielleicht auch nur erträumte Passagiere abfertigen zu können? Die FDP / DVP Landtagsfraktion sieht in diesem Gutachten keine tragfähige Grundlage für eine zweite Start- und Landebahn am Stuttgarter Flughafen.“

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