Kern: Auch bei der Inklusion zeigt sich, dass Grün-Rot kein echtes Interesse an einem Schulfrieden hat
Zur Landtagsdebatte mit dem Titel „Wie kommt der Ausbau der Inklusion voran?“ und zum Abstimmungsverhalten von Grünen und SPD sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Timm Kern:
„Wir Liberalen bedauern, dass die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD einen Antrag der FDP-Landtagsfraktion auf Einsetzung einer interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Inklusion mit ihrer Mehrheit niedergestimmt haben. Damit hat die Landesregierung nach dem liberalen Gesetzentwurf zur Ganztagsschule einen weiteren Vorschlag der FDP ausgeschlagen, in einem konkreten Handlungsfeld konstruktiv zusammenzuarbeiten. Das belegt, dass Grün-Rot einen Schulfrieden zwar gerne in Sonntagsreden bemüht, aber kein wirkliches Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Opposition hat.“
In der Debatte sagte Kern: „Die FDP-Landtagsfraktion fühlt sich dem Thema „Inklusion” besonders verpflichtet. Denn die „Inklusion” ist im wahrsten Sinne ein ‚Freiheitsthema‘. Freiheit im luftleeren Raum bringt gar nichts, sondern sie muss sich immer auch im Hier und Jetzt realisieren lassen. Und genau deshalb wollen wir den Menschen mit Behinderungen ohne Wenn und Aber mehr Freiheitsräume eröffnen. Leider tritt die grün-rote Landesregierung ausgerechnet bei diesem wichtigen Zukunftsthema der Bildungslandschaft in Baden-Württemberg auf der Stelle. Und genau aus diesem Grund hat die FDP-Landtagsfraktion vor wenigen Wochen eine Aktuelle Debatte beantragt mit dem Titel: “Warum verschiebt die Landesregierung das Inklusionskonzept?” Heute nun zieht die CDU nach und weist mit ihrer Aktuellen Debatte in dieselbe richtige Richtung.
Die wichtigste Aufgabe der Politik beim Thema Inklusion ist es, die richtigen Rahmenbedingungen sowohl auf finanzieller, pädagogischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene zu schaffen. Denn jeder junge Mensch hat das Recht auf bestmögliche Bildung und Förderung. Um dies zu erreichen, sehen wir unser Land vor einer doppelten Aufgabenstellung: Einerseits gilt es, die Regelschulen Inklusionsangebote im engeren Sinne einrichten zu lassen und gleichzeitig die Sonderschulen nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen. Denn diese haben sich in ihrer differenzierten Aufstellung ein unverzichtbares Expertentum bei der Förderung von jungen Menschen mit Behinderungen geschaffen.
Weil wir wissen, wie wichtig ein zügiges Regierungshandeln in diesem Bereich für alle Beteiligten ist, warten wir auch nicht auf Regierungshandeln, sondern treiben selbst das Thema voran. So hat die FDP-Fraktion kürzlich zu einem liberalen Bildungstag eingeladen, bei dem über 100 Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft und Forschung, aus den Kommunen, Landkreisen, aus den Sonderschulen, der Sonderpädagogik und den Behindertenverbänden intensiv über das Thema “Inklusion” berieten.
So betonte Prof. Dr. Clemens Hillenbrand von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg eindrücklich, dass die Wirksamkeit von pädagogischem Handeln eben nicht in erster Linie von der Schulform abhängig sei, sondern vielmehr von der Qualität des Förderangebots. Wer beim Thema Inklusion hingegen das gegliederte Schulwesen in Frage stelle, mache der Inklusion den Garaus, so Prof. Hillenbrand.
Sonderschulen sind für die FDP/DVP-Fraktion unverzichtbarer Bestandteil des erfolgreichen differenzierten Bildungswesens in Baden-Württemberg. Und aus diesem Grund sollten nach unserer Auffassung die Sonderschulen und die Inklusion so schnell wie möglich Teil der regionalen Schulentwicklungsplanung werden.
Aus Sicht der FDP sollte Inklusion nicht weniger, sondern mehr Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Schule bedeuten, die ein Kind oder Jugendlicher mit besonderem Förderbedarf besucht. Hierfür sollten Inklusionsangebote an den allgemeinen Schulen eingerichtet werden. Gleichzeitig sollten die Sonderschulen erhalten bleiben und zu sonderpädagogischen Kompetenzzentren ausgebaut werden, von denen ausgehend die Inklusionsangebote organisiert und betreut werden.
Ursprünglich hatte die grün-rote Landesregierung einmal das Thema Inklusion zu einem wichtigen Ziel Ihrer Politik erklärt. Da ist es umso erstaunlicher, dass der Kultusminister nun erklärt hat, das entsprechende Gesetz zur Inklusion auf das Schuljahr 2015/16 zu verschieben. Manche Stimmen sagen gar voraus, dass es mit dem Inklusionskonzept in dieser Legislaturperiode wohl nichts mehr werden wird.
Um von Ihrer Verantwortung abzulenken, hat die Landesregierung auch versucht, den Schwarzen Peter für das gescheiterte Inklusionskonzept an die Kommunen weiterzureichen. Dies ist weder hilfreich noch überzeugend. Im Gegenteil, der Städtetag und der Landkreistag haben ein bemerkenswertes Modell vorgeschlagen, wie die Leistungen für die Inklusion bei jedem Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einem Inklusions-Budget zusammengefasst werden könnten. Das wäre nach Auffassung von uns Liberalen ein vielversprechender Ansatz sein, um tatsächliche Wahlfreiheit zu ermöglichen.
Von Seiten der FDP-Landtagsfraktion schlagen wir Grün-Rot mit einem Antrag vor, an die Anfangszeiten der Koalition anzuknüpfen und baldmöglichst eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines Inklusionskonzepts einzusetzen. Da zumindest in letzter Zeit vom grünen Koalitionspartner nicht mehr wie einst zu hören war, dass die Sonderschulen aufgelöst werden müssen und nur die Gemeinschaftsschule Inklusionsschule sein darf, dürfte einem am Wohl der betroffenen jungen Menschen orientierten gemeinsamen Vorgehen eigentlich nichts im Weg stehen. Beenden wir den misslichen Stillstand, gehen wir das Inklusionskonzept gemeinsam zügig und zugleich mit dem gebotenen Augenmaß an. Sorgfalt ja, Trägheit nein, sollte die Devise sein. Und bitte kaschieren Sie von Grün-Rot nicht schon wieder Ihr Nicht-Vorankommen in diesem Bereich mit der wenig überzeugenden Ausrede, man müsse bei diesem Thema Sorgfalt walten lassen.“