Kern: Grün-rotes Gesetz zur regionalen Schulentwicklung sollte besser ‚Schulschließungsbeschleunigungsgesetz‘ heißen
In einer Landtagsdebatte über den grün-roten Gesetzentwurf zur regionalen Schulentwicklung sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Timm Kern:
„Dass die Koalition überhaupt noch ein Gesetz zur regionalen Schulentwicklung vorlegt, hat leider wenig damit zu tun, dass Grüne und SPD ihr Herz für das Prinzip der Subsidiarität und der Eigenverantwortung vor Ort entdeckt hätten. Es muss vielmehr als Tätigkeitsnachweis zur ‚Politik des Gehörtwerdens‘ verstanden werden. Die grün-rote Bilanz der 15. Legislaturperiode hätte einen entscheidenden Schönheitsfehler, wenn das zentrale Projekt, die Abschaffung des gegliederten Schulwesens in Baden-Württemberg sich in Wahrheit als eine gesteuerte Revolution von oben über den Willen und die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg erweisen würde. So wird von der grün-roten Koalition noch schnell ein Feigenblatt nachgeschoben, das sie regionale Schulentwicklung nennt. Gleichzeitig sind schon 209 Gemeinschaftsschulen ohne regionale Abstimmung, eingerichtet worden, bevor der Gesetzentwurf eingebracht wurde.
Für die Einrichtung der Gemeinschaftsschulen hat man die demographische Not der einzelnen Kommunen ausgenutzt und somit genau auf das Gegenteil von Abstimmung in einer Region gesetzt.
Im Grunde genommen hätte es umgekehrt sein müssen. Ein Prozess der regionalen Schulentwicklung hätte stattfinden müssen, bevor die Regierung mit dem Umgraben des Bildungswesens beginnt. Dies ist Grün-Rot natürlich bewusst. Beweis dafür ist, dass um vom eigenen Versagen abzulenken, schon beinahe wie in einem Ritual die CDU/FDP-Vorgängerregierung bemüht wird.
In diesem Fall macht die grün-rote Koalition geltend, die Vorgängerregierung hätte auch keine regionale Schulentwicklung auf den Weg gebracht. Es kann sein, dass die damalige Landesregierung in diesem Fall zu zaghaft vorgegangen ist und die Bildungsregionen nicht konsequent ausgebaut wurden, was aus Sicht der FDP bedauerlich ist. Aber in einem entscheidenden Punkt hat das grün-rote Geschichtsbild einen Konstruktionsfehler. Die damalige CDU/FDP-Landesregierung hatte allerdings auch nicht vor, das gesamte Bildungswesen in Baden-Württemberg auf den Kopf zu stellen, wie Grün-Rot dies aber seit drei Jahren tut.
Wenn das Argument mit der alten Landesregierung nichts mehr hergibt, muss schnell ein neuer Sündenbock her. Da fällt die Wahl meist auf die zurückgetretene Kultusministerin Warminski-Leitheußer. Man sei am Anfang der Legislatur in der Bildungspolitik etwas zu schnell vorgegangen, räumt in diesem Fall der grüne Ministerpräsident ein. Diese politische Argumentation ist an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten, denn Frau Warminski-Leitheußer hat nichts anderes getan, als die Politik der grün-roten Regierung in die Tat umzusetzen.
Diese besteht daraus, möglichst schnell möglichst viel vom grünen Projekt Gemeinschaftsschule umzusetzen.
Bereits für den Oktober 2012 hatte Ministerpräsident Kretschmann ein Konzept zur regionalen Schulentwicklung angekündigt. Am 23. Juli 2013 wurden die Eckpunkte für die regionale Schulentwicklung verkündet und erst heute wird ein Gesetzentwurf im Landtag vorgelegt. Für Herrn Minister Stoch hätte die regionale Schulentwicklung sein Meisterstück werden können. Das hätte mutiges, entschlossenes Handeln erfordert. Er hätte die zweite und dritte Tranche der Gemeinschaftsschule zurückstellen müssen, wie es die FDP/DVP-Fraktion gefordert hat und zunächst eine regionale Schulentwicklung auf den Weg bringen sollen, die diesen Namen auch verdient.
Dann die Deputate und Zuschüsse in Gestalt eines Budgets zur Verfügung stellen, Ganztagsbetreuung und Inklusion integrieren und den Verantwortlichen vor Ort die Entscheidung über das Schulangebot überlassen sollen. Das wäre ein Paradigmenwechsel gewesen, ein echter Ansatz für einen Schulfrieden.
Was aber abgeliefert wurde, ist kein beherztes Meisterstück, sondern ein halbherziger Tätigkeitsnachweis ohne jeglichen Mehrwert, der nur zusätzliche Unruhe stiftet in einem Bildungswesen, das Grün-Rot ohnehin schon sehr zu dessen Schaden in Unruhe versetzt hat.“
Da der Gesetzentwurf bislang nur pauschal als „Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes“ bezeichnet wird, schlägt die FDP-Fraktion als Titel vor:
‚Zweites grün-rotes Gesetz zur Beschleunigung von Schulschließungen und zur schnelleren Etablierung von Gemeinschaftsschulen allerorten‘“.