Rülke: Nachtragshaushalt verteilt erste Wahlgeschenke an die Bürger
In einer Landtagsdebatte über den Nachtragshaushalt für die Haushaltsjahre 2015/2016 kritisierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke, dass Grün-Rot die ersten Wahlgeschenke an die Bürger verteile: „Ihr Nachtrag ist eine Wahlkampfinszenierung ohne zwingenden haushaltspolitischen Anlass. Kaum einer der zentralen Punkte rechtfertigt es, überhaupt einen Nachtrag aufzustellen. Fast alles war bei den Haushaltsberatungen im November beziehungsweise Dezember bekannt. Dieser zweite Aufguss im April 2015 dient im Wesentlichen der Selbstbespiegelung der grün-roten Landesregierung.“ Auch die Finanzierungsgrundlage des Nachtragshaushalts – 400 Millionen Euro aus Überschüssen der Vorjahre und 86 Millionen Euro aus den Rücklagen für Haushaltsrisiken – habe schon für die Verabschiedung des Urhaushalts zur Verfügung gestanden, so Rülke.
Innere Sicherheit
Wenn tatsächlich etwas Zeit gebraucht habe, so der FDP-Fraktionsvorsitzende, dann sei es der quälende Einigungsprozess innerhalb der grün-roten Koalition im Bereich der inneren Sicherheit gewesen. Es habe lange gedauert, bis wenigstens minimale Verbesserungen auch im Bereich des Verfassungsschutzes möglich wurden. Insgesamt gelte für die Maßnahmen im Bereich des Innenministeriums: Zu spät, zu wenig und zu zögerlich. Hätten die Regierungsfraktionen auf die FDP gehört, hätte manches, was jetzt vorliegt, sehr viel früher in Angriff genommen werden können – beispielsweise die Stärkung des Verfassungsschutzes und die umfassende Bekämpfung des politischen Extremismus jeder Art. Die unklare Haltung der Grünen zum Verfassungsschutz generell habe ein eindeutiges und klares Konzept verhindert, so Rülke.
Bildung und Inklusion
Ähnliches gelte im Bildungsbereich für die Maßnahmen in der Inklusion. Ein gemeinsames Vorgehen mit der Opposition wurde letztlich von den Regierungsfraktionen verworfen. Der interne Streit wie auch die Auseinandersetzungen mit den kommunalen Landesverbänden hätten sich quälend lange hingezogen und seien immer noch nicht abschließend beendet. Nach den Worten von Rülke sei es ungeachtet dessen natürlich positiv, wenn jetzt endlich Mittel im Bereich der schulischen Inklusion zum Beispiel für eine entsprechende Zahl von Sonderpädagogen, für den Schulhausbau oder auch für die Schulen in freier Trägerschaft bereitgestellt werden. Mehr Mittel für die Realschulen, für Vertretungslehrer oder für die Fortführung der Förderung der Betreuung von Schülern im Zusammenhang mit der verlässlichen Grundschule oder im Hort würden von der FDP-Landtagsfraktion natürlich nicht abgelehnt. Dass sie aber erst jetzt etatisiert werden, belege wiederum den überlangen Entscheidungsprozess innerhalb der grün-roten Koalition, so der FDP-Fraktionsvorsitzende.
Hochschulen
Den Hochschulfinanzierungsvertrag habe die FDP-Landtagsfraktion begrüßt. Es folge daraus, dass die Liberalen auch die verschiedenen Schritte seiner Umsetzung in den Haushalten mittragen. Für den Haushalt sei dieses Unternehmen kostenneutral, bei der Regierungspressekonferenz sei darauf auch dankenswerterweise hingewiesen worden. In der Öffentlichkeitsarbeit vor Ort scheine das aber in Vergessenheit geraten zu sein, so Rülke. Da feierten sich die Abgeordneten der Koalition für zusätzliche Stellenschaffungen im dreistelligen Bereich, dass selbst eine Zeitung wie das Schwäbische Tagblatt in Tübingen von „Etikettenschwindel“ spreche.
Flüchtlinge
Dass die Zahlen der Asylbewerber steigen, sicherlich in einer Größenordnung von 50 Prozent mehr gegenüber 2014, sei auch Ende letzten Jahres schon bekannt gewesen. Auch dafür hätte es keines Nachtrags bedurft, sagte Rülke. Auf die wichtigen Fragen aber, wann endlich die Leistungen an die Kreise für die Aufnahme und Unterbringung neu geordnet würden, ob die Kreise auch eine rückwärtige Erstattung des Mehraufwands erhalten, wie das Land mit seinem Anteil an der lange zugesagte Bundes-Milliarde umgehen wolle und welchen Anteil davon die Kommunen erhalten – auf all diese Fragen gebe der Nachtrag keinerlei Antworten. Aber es würden Strukturen für ein Ombudswesen in den Landeserstaufnahmestellen neu aufgebaut, als wäre dies das dringlichste Problem, das im Bereich der Flüchtlingsaufnahme zu lösen wäre.
Nach den Worten von Rülke lasse sich im Fazit feststellen: Dies ist ein Nachtragshaushalt aus der Propagandaabteilung der grün-roten Landesregierung, der dazu geeignet sei, mit bunten Bildern und beschönigenden Texten unter das Volk gebracht zu werden. Für die Lösung der Probleme, vor denen wir ja auch im Land Baden-Württemberg stehen, werde zu wenig getan. Das gelte beispielsweise in der Bildungspolitik bei der Frage einer gesicherten Zukunft für eine eigenständige Realschule oder für vernünftige, Vielfalt gewährleistende Angebote an Ganztagsschulen, so Rülke abschließend.