Schweickert: Chancen für Raiffeisen-Genossenschaften 4.0 müssen genutzt werden
In der heutigen aktuellen Debatte zum Raiffeisen-Jahr 2018 sagte der Sprecher für Mittelstand und Handwerk der FDP/DVP-Fraktion, Prof. Dr. Erik Schweickert:
„Der Antrag der CDU nimmt das 200jährige Raiffeisen-Jubiläum zum Anlass für eine umfangreiche Abfrage, die bestenfalls die besonderen Leistungen der Wirtschaftsministerin hätte vorstellen sollen, mit denen sie das Genossenschaftswesen konkret unterstützt. Man braucht aber nicht mal ein geschultes Auge, um zu erkennen, dass dieser Plan gründlich schief gegangen ist. Statt zukunftsweisender Ideen für den Weg zur Genossenschaft 4.0 zeichnen sich die dargestellten Positionen und Maßnahmen aus dem Hause Hoffmeister-Kraut durch allerlei Plattitüden aus.
Die Impulse aus dem Wirtschaftsministerium sind eher homöopathischer Natur. Ich vermisse – ganz im Sinne von Friedrich Wilhelm Raiffeisen – eine Fortentwicklung und Anpassung des Genossenschaftswesens an die aktuellen Marktstrukturen und Herausforderungen. Beispielsweise könnte durch eine Bundesratsinitiative eine Modifikation des Genossenschaftsgesetzes angestoßen werden, die die Partizipationsmöglichkeiten am Unternehmenserfolg besser ausprägt, wie es in anderen Ländern schon möglich ist. Damit würde die Motivation gesteigert, um beispielsweise starke genossenschaftliche Marken bei bestehenden Genossenschaften zu entwickeln. Aber auch im Bereich der Förderung neuer, junger Genossenschaften fehlt ein nachhaltiges Bekenntnis der Landesregierung. Lediglich sechs Gründungsvorhaben wurden seit 2012 unterstützt, was teilweise an der fehlerhaften Interpretation des Begriffs der ‚Gewinnerzielungsabsicht‘ bezüglich der Förderkriterien liegen dürfte. Um genossenschaftliche Gründungen wirklich zu unterstützen müssten die Vorgaben der L-Bank angepasst werden.
Gerade bei Start-ups in Baden-Württemberg gehört ein gewisser Vertrauensvorschuss für die Gründer dazu, dass diese nicht zuvorderst die Absicht haben, ihre Gründung schnell zu versilbern. Zudem warne ich dringend davor, die Prüfungsdichte weiter zu verschärfen und damit möglicherweise auch das 2006 mit der letzten großen Novelle des Genossenschaftsgesetzes Erreichte rückabzuwickeln. Die wenigen betrügerischen schwarzen Schafe, die wie bei Eventus oder Allgäuland massiven Schaden verursacht haben, dürfen nicht den Maßstab bilden, nach dem wir unsere zahlreichen traditionsbewussten Genossenschaften beurteilen. Vielmehr müsste ein Abbau der Bürokratie im Fokus stehen, sei es bei der Prüfpflicht von Kleinstgenossenschaften oder auch der europäischen Bankenregulierung, die die Funktionsweise von Genossenschaftsbanken immer noch nicht verstanden haben.“