Theurer: Europa muss endlich die Herzen der Bürger erreichen
„Kampagne pro Europa starten“ – Das Nein der Iren zum Vertrag von Lissabon – „Es gibt keine klare und für die Bürger verständliche Vision für Europa.“ Dies sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Michael Theurer, in der Diskussionsveranstaltung „foyer liberal“, die im Landtag mit dem Titel „Perspektiven der französischen Ratspräsidentschaft für Baden-Württemberg“ ganz im Zeichen des Neins der irischen Wählerinnen und Wähler zum Vertrag von Lissabon stand. Nach den Worten von Theurer haben die Iren eine Reform abgelehnt, die die EU handlungsfähiger, transparenter, demokratischer – und damit letztlich bürgernäher gemacht hätte.
Zudem habe das Land von EU-Fördermitteln in Millionenhöhe profitiert. Theurer schlug vor, die Europawahl im Jahr 2009 zu einer Kampagne „Pro Europa“ zu nutzen, damit Europa endlich die Herzen der Bürger erreiche. „Die EU muss sympathischer werden, es kann nicht angehen, dass sich die EU als anonymer Moloch bis in die untere kommunale Ebene und damit in die Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger einmischt, so der europapolische Sprecher der FDP/DVP-Landtagsfraktion.Dr. Werner Hoyer, der ehemalige Staatsminister im Auswärtigen Amt und ehemalige Koordinator der Europapolitik der Bundesregierung, sagte, das Nein der Iren habe sicherlich auch mit Ängsten zu tun – „wahrscheinlich würden auch in Deutschland viele Bürgerinnen und Bürger im Falle eines Referendums mit Nein stimmen.“ Hoyer lehnte es ab, die Iren jetzt für ihre Entscheidung gegen Europa zu schelten. Der FDP-Bundestagsabgeordnete warnte davor, den Vertrag von Lissabon „jetzt neu aufzuschnüren oder gar neu zu verhandeln“.Christian Dumon, Generalkonsul der Republik Frankreich, kündigte an, dass Frankreichs Präsident Sarkozy unter seiner Ratspräsidentschaft Anreize zur Mobilität für die Jugendlichen Europas setzen wolle. Als Beispiel nannte der Generalkonsul die Förderung von halbjährigen Auslandsaufenthalten – „dies kann dazu beitragen, dass eine proeuropäische Generation heranwächst.“ Präsident Sarkozy habe die Präsidentschaft Frankreichs intensiv vorbereitet, so werde er bis zum 1. Juli alle 26 Part-nerländer der EU besucht haben. Als Hauptprogrammpunke der französischen Prä-sidentschaft nannte Dumon unter anderen Klimaschutz und Energieversorgung, Ag-rarreform, Bekämpfung der illegalen Einwanderung, Verteidigung und Sicherheit, Stabilität der Finanzmärkte und Förderung der kulturellen Vielfalt.Dr. Henning Arp, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in München, nannte das Nein der Iren eine „schwere Enttäuschung, aber keine Existenzkrise der EU“. Auch er riet dazu, Irland jetzt nicht zu isolieren, sondern die Ratifizierung des Vertrags von Lissabon als gemeinsame Aufgabe aller EU-Mitglieder zu betrachten. Die Aufgabe der irischen Regierung sei es nun, Lösungsansätze auszuarbeiten. 18 der 27 Mitgliedsstaaten haben den Vertrag unterzeichnet, „auch die anderen müssen den Ratifizierungsprozess fortsetzen, um damit für Europa zu werben und zu zeigen, dass Europa ein Europa der Resultate ist“.Dr. Willi Steul, Landessenderdirektor des SWF für Baden-Württemberg, sagte, dass kein Staatsmann in letzter Zeit so die politische Landschaft verändert habe wie der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Dieser Mann, der wie ein Naturereignis über Frankreich gekommen sei, werde mit seinem unbändigen Gestaltungswillen den Weg für Reformen im Beamtenrecht, in den Universitäten und der Justiz bereiten. Sarkozy werde sein Land in die Mitte Europas zurückführen.