Pressemitteilung

19.März 2018
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Wieder mehr Qualität in der Bildung durch Leistungsprinzip und bessere Schulausstattung

Bei seiner Begrüßung anlässlich des diesjährigen Liberalen Bildungstages hob der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, die Wichtigkeit einer qualitativ hochwertigen Bildung hervor. „Der Absturz Baden-Württembergs bei mehreren bundesweiten Bildungsstudien von Medaillenrängen auf hintere Plätze ist ein beispielloser Vorgang. Es ist nicht zuletzt das traurige Ergebnis einer grün-roten Bildungspolitik, die auf die Abschaffung unseres gegliederten und vielfältigen Schulwesens ausgerichtet war und für enorme Unruhe im gesamten System sorgte. Unter der jetzigen grün-schwarzen Regierung ist hierbei leider auch kaum eine Wende zu erwarten, sondern vielmehr eine Serie von faulen Kompromissen.“ Die Freien Demokraten seien laut Rülke der Überzeugung, dass nicht so sehr die Schulstruktur, sondern das Bildungsangebot vor Ort über die Qualität des Bildungswesens entscheiden. Rülke: „Deshalb sei es notwendig, ein vielgliedriges Schulsystem zuzulassen. Und dieses braucht verlässliche Bedingungen, aber auch eine auskömmliche Finanzierung. Zusätzlich gilt es, Kraftakte wie die Digitalisierung und Sanierung der Schulgebäude zu schultern. Die FDP-Fraktion unterstützt die Lockerung des Kooperationsverbots, damit der Bund bei diesen Kraftakten mitfinanzieren kann. Der Länderhoheit im Bildungsbereich tut dies keinen Abbruch, und es darf ihr nach unserer Auffassung auch kein Abbruch getan werden.“, so Rülke.

„Wir müssen alle Kinder besser fördern – das reicht von leistungsschwächeren bis hin zu den sehr begabten Schülerinnen und Schülern“, so die Ministerin für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen, Yvonne Gebauer, in ihrem Vortrag. Dazu sei es nötig, Unterrichtsausfall zu erkennen und zu vermeiden. „Deshalb müssen wir zunächst genau wissen, wie viel Unterricht ausfällt. So haben wir in Nordrhein-Westfalen beschlossen, den Unterrichtsausfall digital und schulscharf zu erfassen“, schildert die Ministerin. Ein weiterer Faktor sei der ungedeckte Lehrkräftebedarf. „Vor allem in den MINT-Fächern, im Bereich Inklusion und in den technischen Fächern an den beruflichen Schulen eint alle Bundesländer eines: Wir haben zu wenig Lehrkräfte. Hier könnten auch bundesweite Kampagnen ein Ansatzpunkt sein“, regt Gebauer an. In der Inklusion fordert sie ein Vorgehen mit Augenmaß. „Man kann nicht radikal Förderschulen abschaffen und hoffen, dass die Regelschulen das schon irgendwie auffangen werden. Das Wohl des einzelnen Kindes muss im Mittelpunkt stehen, und wir müssen die Wahlmöglichkeiten für Familien sichern“, fordert die Bildungsministerin. Eine Herausforderung für den Bildungsbereich insgesamt sieht sie bei der Digitalisierung. „Wir wollen, dass junge Menschen ihr Leben in einer digitalen Welt eigenverantwortlich und selbstbestimmt gestalten können. Dazu bedarf es einer gewaltigen gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung“, stellt Gebauer fest. Neben den technischen Voraussetzungen gelte es, sowohl Medienkompetenz als auch informatische Kompetenzen für alle Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Dies schließe auch Grundkenntnisse im Programmieren ein. Berufliche und akademische Bildung seien gleichwertig, so Gebauer, und nur unter Berücksichtigung des gesamten Lernpotentials einer Gesellschaft sei Spitzenqualität bei Wissen und Fähigkeiten möglich. „Eine beste Bildung muss nach der qualitativen Spitze streben und darf sich nicht mit Mittelmaß zufriedengeben!“, so der abschließende Appell der Ministerin.

 

Der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, sieht für die Bildungsqualität in Baden-Württemberg zwei Erfolgsgaranten: „Bildungsaffinität und hervorragend ausgebildete Lehrer in jeder Schulart, einschließlich der Erzieher in den Kindertagesstätten. Es wird höchste Zeit, den Orientierungsplan für eine frühe Pädagogik in den Kindertageseinrichtungen für verbindlich zu erklären!“ Zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes fordert Brand beispielsweise die Soforteinstellung junger Lehrkräfte unmittelbar nach ihrem Referendariat, ohne, wie bisher üblich, erst die Sommerferien unbezahlt abwarten zu müssen. Ein ausreichender Stundenpool sei gerade für die Einrichtungen der frühkindlichen Bildung und der Grundschulen von zentraler Bedeutung, damit diese den Anforderungen einer gelingenden frühen Förderung auch gerecht werden können. „Wenn wir weltbeste Bildung wollen, dann muss uns klar sein: Wollen allein genügt nicht!“, Brands abschließender Appell.

Dr. Karin Broszat, Landesvorsitzende des Realschullehrerverbands (RLV), lieferte zu Beginn ihrer Ausführungen ein klares Bekenntnis: „Der Begriff Leistung muss in Theorie und Praxis wieder positiv besetzt werden.“ Schule sei nach ihren Aussagen dafür der richtige Ort. Ein differenziertes Schulsystem mit verbindlichem Charakter der Grundschulempfehlung sei dafür genauso wichtig wie eine Lehrerbildung, die an diese Aspekte anknüpfe. „Ideologisch gefärbte Konzepte mit dem Anspruch, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein, erschweren die reale Arbeit an Schulen“, mahnt Broszat an.

 

Bildung sei weit mehr als institutionelle Bildung, so die Initiatorin der Online-Petition zur Wahlfreiheit und Freiwilligkeit bei der Entscheidung für Ganztag an den Grundschulen, Nicole Weber-Kaiser, sondern auch die Begleitung, Entfaltung sowie die Reifung eines Menschen. Kinder seien unterschiedlich und brächten unterschiedliche Voraussetzungen mit. Notwendig sei daher neben einer ausreichenden Versorgung mit Lehrkräften und Sanierung der teilweise maroden Schulgebäude auch eine Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag an Grundschulen. „Neben der Halbtagsschule und der verpflichtenden Ganztagsschule braucht es die Aufnahme der offenen Ganztagsschule ins Schulgesetz, damit jede Schule dem Bedarf vor Ort entsprechen kann, fordert Weber-Kaiser. Auch bestehende Betreuungsangebote wie beispielsweise Horte müssen erhalten und ausgebaut werden. Frau Weber-Kaiser hat daher eine dementsprechende Petition auf den Weg gebracht, der schon 2.195 Unterstützende beigetreten sind.

 

Laut Joachim Straub, dem Vorsitzenden des 12. Landessschülerbeirats, sei für Schüler vor allem von Bedeutung, was im Unterricht vor Ort passiere: „Wenn wir die Qualität verbessern wollen, sollten wir uns die Unterrichtsentwicklung im konkreten Fall ansehen. Beispielsweise fördern zu viele Klassenarbeiten in zu kurzer Zeit nicht die Qualität von Unterricht und Lernen. Wünschenswert wäre hier eine gut strukturierte Planung über das gesamte Schuljahr hinweg.“ Straub sprach sich für das Schülerfeedback als wichtigen Bestandteil des Qualitätsmanagements aus. „Das Feedback muss verbindlich stattfinden und bereits in der Lehrerausbildung eine Rolle spielen. Generell sollten Lehrer in ihrer Ausbildung mehr Zeit haben, praktische Unterrichtserfahrung zu sammeln. Und die Lehrerfortbildung sollte kontinuierlich und nicht nur punktuell organisiert sein“, so Straub.

 

 Stefan Küpper, Geschäftsführer des Bildungswerks der Baden-Württembergischen Wirtschaft, erinnerte daran dass die Arbeitgeber Baden-Württemberg schon lange vor den jetzt dokumentierten Problemen für eine ehrliche Qualitätsdebatte geworben hätten. „Wir fordern ein strategisches Bildungscontrolling auf allen Bildungsebenen und ein effizientes und verbindliches System- und Qualitätsmanagement. Die wissenschaftliche Qualitätsbegleitung muss bei der Finanzierung jeweiliger Bildungsvorhaben von Anfang an mit berücksichtigt werden.“ Nur dadurch sei laut Küpper gewährleistet, dass das Bildungsversprechen des Staates an Eltern und Gesellschaft nach verlässlichen Standards überprüfbar sei. Er warb außerdem, für das Profil der „selbständigen Schule“, bei der ihr Profil geschärft und die Personalauswahl und -entwicklung besser gesteuert werden könnte. Beispielsweise führe heute die Vernachlässigung der Spitzenförderung zum Fehlen entsprechender Angebote und Förderkonzepte für besonders begabte Schülerinnen und Schüler, vor allem im MINT-Bereich.

 

Dr. Timm Kern, bildungspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, hob auf das hinter bildungspolitischen Entscheidungen stehende Menschenbild ab.  „Wir Freie Demokraten treten dafür ein, dass alle Menschen mit gleichen Rechten ausgestattet sind. Aber wir sind der Überzeugung, dass Menschen nicht gleich, sondern unterschiedlich sind. Unser bildungspolitisches Ziel ist deshalb statt der ‚einen-Schule-für-alle‘ die passende Schule für jedes Kind.“ Vor diesem Hintergrund kündigte Kern einen Gesetzentwurf zur Verankerung der offenen Ganztagsschule im Schulgesetz an. „Um die Freiheit nutzen zu können, sind Lehrer, Eltern und Schüler auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. Die Zukunft unserer Kinder ist zu wichtig, als dass wir uns ein zweitklassiges Bildungssystem leisten könnten“, so Kern.

 

 

Positionspapiere der Referenten zum Download:

Rede von Ministerin Yvonne Gebauer: 18 03 17 Rede Ministerin Gebauer_Liberaler Bildungstag 2018 in Stuttgart.._ (2)

Gerhard Brand, VBE: VBE Beitrag zum Bildungstag

Stefan Küpper, Arbeitgeber BW: Positionspapier_Schulqualität

Dr. Karin Broszat, Realsschulleherverband BW: Thesenpapier FDP

Nicole Weber-Kaiser: Aktueller Bildungstag_Version3_März 2018

Weitere Bilder vom Liberalen Bildungstag in unserem Flickr-Album: https://www.flickr.com/photos/fdpdvpfraktion/albums/72157692883478711

 

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