Bei ihrer Klausur in Ulm hat sich die FDP-Landtagsfraktion mit den Möglichkeiten und Grenzen der Videoüberwachung beschäftigt. „Die Pläne des Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion Reinhart ignorieren“, so der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, „dass Unternehmen wie die Bahn, z. B. in Bahnhöfen, längst Kameras einsetzen. Die Aufzeichnungen werden auch von der Polizei genutzt.“
Das zeige, so Rülke, u. a. der Blick auf den gewaltsamen Übergriff eines Bulgaren in der Berliner U-Bahn. Die Polizei dürfe darüber hinaus schon jetzt an Kriminalitätsschwerpunkten Videokameras einsetzen. „Eine Gesetzesänderung ist somit nicht erforderlich. Mit dem Eingeständnis des CDU-Fraktionsvorsitzenden, dass man Beobachtungsoftware bräuchte, um die Aufnahmen der Kameras auszuwerten, gibt die CDU zudem selbst zu“, so Rülke weiter, „dass mehr Kameras nicht automatisch zu mehr Sicherheit führen, wie der Datenschutzbeauftragte richtig feststellt.“
Personalsituation bei der Polizei ist wahre Baustelle
Deutlich werde auch, wo die wahre Baustelle im Bereich der inneren Sicherheit liege: „Die Polizei braucht mehr Personal. Hier aber unternimmt die Landesregierung viel zu wenig. Die CDU bleibt weit hinter ihrer Forderung nach 1.500 zusätzlichen Stellen aus dem Wahlkampf zurück, wenn sie im Endeffekt bis zum Jahr 2022 die Zahl der Polizeibeamten lediglich um 350 erhöht, wie die aktuelle Antwort auf unsere Große Anfrage zur Polizei dokumentiert.“
Darüber hinaus wurde bei der Ulmer Klausurtagung der Haushaltsetat der Landesregierung kritisch reflektiert, „der“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende „klar erkennen lässt, worum es Grün-Schwarz primär geht: alles zu tun, um die längst überfällige Schuldentilgung zu vermeiden.“
„Millionen Euro werden gehortet, und das nicht etwa, um Schulden zu tilgen, sondern Gelder problemlos verteilen zu können“, betonte Rülke, der daran erinnerte, dass die Finanzministerin mit ihrem Bekenntnis zur Schuldenbremse zwar suggeriere, die Regierung, wolle den Haushalt grundlegend konsolidieren, jedoch genau das Gegenteil davon unternehme.
„Sitzmanns Versprechen, auf Steuererhöhungen zu verzichten, mutet grotesk an, da in den geheimen Nebenabsprachen eben diese noch explizit gefordert wurden. Das ist nicht nur paradox, sondern in hohem Maße unehrlich“, kritisierte Rülke mit Nachdruck.
Landeshaushalt – Absichtserklärung ohne Verbindlichkeit
Der vorgeblich verbindliche Landeshaushalt habe, erklärte Rülke, weit eher den Charakter einer Absichtserklärung, die jederzeit revidiert werden könne: „Der von Grün-Schwarz verabschiedete Etat lässt vollkommen außer Betracht, dass selbst kleine Änderungen bei den Rahmenbedingungen, so z. B. erste Anzeichen einer Rezession oder steigende Zinsen, erhebliche Kosten nach sich ziehen werden. Nur ein Prozent Zinszuwachs würde das Land jährlich mit circa 470 Millionen mehr belasten. Die Behauptung, Schulden seien bei niedrigen Zinsen bedeutungslos, ist krude und fahrlässig.“ Sobald die Zinsen stiegen, würden viele Bürger ihren Zinsverbindlichkeiten nur mehr schwer oder gar nicht nachkommen können.
Kontinuierliches Wachstum der Steuereinnahmen von 2013 bis 2016: Regierung hat sich einen Juliusturm von epochaler Höhe geschaffen
Von 2013 bis 2016 sind die Steuereinnahmen des Landes ständig gestiegen (2013: 30,1 Mrd. Euro; 2014: 31,8 Mrd. Euro; 2015: 33,0 Mrd. Euro; 2016: voraussichtlich 35,8 Mrd. Euro). „In jedem Jahr liegen die Steuermehreinnahmen deutlich über dem realen Zuwachs des Bruttoinlandprodukts. Damit hat sich die Landesregierung einen Juliusturm von epochaler Höhe geschaffen. Über 3,2 Mrd. Euro Reserven sind vorhanden, doch Grün-Schwarz verharrt in beispielloser Apathie“, resümierte Rülke schonungslos das Versagen der Regierung.
Grün-Schwarz verspielt fahrlässig eine historische Chance, die FDP handelt
„Grün-Schwarz verweigert sich der Realität und leugnet beharrlich, dass erheblich rückläufige Flüchtlingszahlen und geringere Zinsen als je vermutet ihr die historische Chance geben, Schulden gezielt abzubauen“, erklärte Rülke. „Die Belastung kommender Generationen scheint ihr vollkommen gleichgültig. George Bernard Shaw hatte offensichtlich recht: »Alte Leute sind gefährlich; sie haben keine Angst vor der Zukunft«. Die Regierung des alten Ministerpräsidenten interessiert sich nicht für die Zukunft der jungen Generation, sie interessiert sich allein für ihre Gegenwart, ihre Pfründen und Privilegien.“
Die FDP/DVP Fraktion setzt hier ein anderes Zeichen. „Wir wollen den Schuldenberg des Landes um mindestens 500 Millionen Euro im Jahr 2017 reduzieren“, betonte Rülke. „Dazu wollen wir 25 Prozent der jährlichen Überschüsse aus Steuermehreinnahmen und nicht ausgegebenen Geldern in die Schuldentilgung stecken. Dies werden wir in den Haushaltsberatungen beantragen. So schaffen wir echte Spielräume für die junge Generation, anstatt Mittel für Einmalgeschenke zu bunkern.“
Bislang unerreicht hohes Steuerniveau, hunderte Millionen Euro an Bundeszuweisungen
„Noch nie in der Geschichte Baden-Württembergs hatten die Steuern ein ähnlich hohes Niveau. Überdies beansprucht die Regierung über hunderte von Millionen Euro an Bundeszuweisungen, die ursprünglich den Kommunen zugedacht waren“, erinnerte Rülke an eine Tatsache, die von Grün-Schwarz fortwährend relativiert wird: „Diese glückliche Konstellation wird von der Landesregierung schamlos instrumentalisiert, um 2020 – ohne Einsparungen vorzunehmen – die Schuldenbremse einzuhalten.“
Die Regierung reklamiere für sich, so Rülke, den Status eines versierten Konsolidierungsexperten, obgleich sie nichts dazu beitrage, Schulden zu reduzieren und genau das habe die CDU versprochen. Rülke wörtlich: „Auch das ist eine vorsätzliche Täuschung des Wählers. Finanzministerin Sitzmanns Rhetorik der »impliziten Schulden« setzt dem Wählerbetrug die Krone auf.“
Aufgeblähte Bürokratie, grün-schwarzer Nepotismus
Sitzmanns These, Steuergelder z. B. in Infrastrukturprojekte zu investieren, sei auch Schuldentilgung, folge einer absurden Logik, so Rülke weiter. „Allein die Aufblähung des Bürokratie-Apparats ist vollkommen indiskutabel. 5.000 Stellen sollten abgebaut werden. Tatsächlich sind es heute 600 Stellen mehr als vor Beginn der Legislatur. Mittlerweile scheint alles legitimiert zu sein, was Kretschmanns Siegel trägt. Einsparungen werden nur bei Kommunen und Beamten vorgenommen. Ansonsten herrscht grün-schwarzer Nepotismus, wie allein die 50 neu geschaffenen Stellen im Staatsministerium drastisch belegen.“