Pressemitteilung

16.Juli 2015

Kern: Grün-rotes Inklusionsgesetz ungeeignet zur Sicherung der Qualität der sonderpädagogischen Förderung

In der Zweiten Lesung des Gesetzentwurfs zur Inklusion an den Schulen kritisierte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Timm Kern, die grün-rote Koalition für ihre Weigerung, ein fraktionsübergreifendes Inklusionskonzept zu erarbeiten. Kern wörtlich: „Eigentlich hätte es im Interesse aller im Landtag vertretenen Fraktionen sein müssen, ein Inklusionskonzept zu entwickeln, das Regierungswechsel überdauert. Und eine interfraktionelle Bearbeitung hätte die Chance geboten, dem Gesetzentwurf diejenige Reife zu geben, die ihm nun leider fehlt. Eine solche interfraktionelle Arbeitsgruppe mit externen Sachverständigen hatte die FDP-Fraktion bereits am 11. Dezember 2013 vorgeschlagen. Die Unausgegorenheit haben auch die Sachverständigen bei der Öffentlichen Anhörung im Bildungsausschuss des Landtags am 1. Juli zum Ausdruck gebracht. Obwohl alle Sachverständigen sich im Grundsatz zur Inklusion bekannt haben, haben die kritischen und besorgten Stimmen bei Weitem überwogen. Und sie haben zahlreichen Nachbesserungsbedarf angemahnt.“

Ferner warb Kern für die Änderungsanträge der FDP-Fraktion, mit denen Anregungen von Sachverständigen aufgegriffen wurden.

„1. Nach Auffassung der FDP-Fraktion sind die Leistungen der baden-württembergischen Sonderschulen im Bereich der Bildung und Förderung von jungen Menschen mit Behinderungen herausragend und unverzichtbar. Im Gesetzentwurf der Landesregierung wird aber das mögliche Ausbluten der Sonderschulen billigend in Kauf genommen. Mehr noch, die Sonderschulen sollen nach dem Willen von Grün-Rot im Schulgesetz die Bezeichnung „Schule“ verlieren und künftig „Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren“ heißen. Damit der Schulstatus der Sonderschulen eindeutig im Gesetz festgeschrieben bleibt, beantragte die FDP-Fraktion, die Bezeichnung „Sonderschule“ beizubehalten und um den Zusatz „mit sonderpädagogischem Bildungs- und Beratungszentrum“ zu ergänzen. Zudem soll nach unserem Wunsch im Gesetz festgeschrieben werden, dass die Sonderschulen mit sonderpädagogischem Bildungs- und Beratungszentrum für die fachliche Betreuung und Unterstützung der allgemeinen Schulen bei ihren Inklusionsangeboten zuständig sind.“

„2. Die vorgesehene Bezuschussung von Schülerinnen und Schülern in Inklusionsklassen und –gruppen an freien Schulen wird eine finanzielle Schlechterstellung gegenüber der bisherigen Finanzierungspraxis bedeuten, wie auch die Sachverständigen der Privatschulverbände ausführten. Deshalb kann die FDP-Fraktion den Privatschulartikel des Gesetzentwurfs, der das Privatschulgesetz ändert, nicht mittragen. Stattdessen schlagen wir vor, dass die Landesregierung das Versäumte nachholt und unverzüglich in Gespräche mit den Privatschulverbänden eintritt, um in den angesprochenen ungeklärten Fragen eine Verständigung zu erzielen. Hierzu zählt auch, wie eine gleichberechtigte Einbeziehung der freien Schulen in die regionale Planung, Bildungswegeberatung und Umsetzung der Inklusion eingebunden werden können.“

  1. Wenn das wichtige gesellschaftspolitische und bildungspolitische Vorhaben der Inklusion längerfristig ein Erfolg werden soll, muss auch nach Auffassung der FDP-Fraktion großer Wert auf die Qualität der sonderpädagogischen Bildung und Betreuung in den Inklusionsklassen bzw. –gruppen gelegt werden. Wir schlagen deshalb vor, zur Qualitätssicherung eine unabhängige Einrichtung mit der wissenschaftlichen Begleitung der Umsetzung der Inklusion zu betrauen und dem Landtag regelmäßig zu berichten. Der Bericht sollte jeweils vor den Beratungen über einen regulären Haushalt erfolgen, damit der Haushaltsgesetzgeber darauf gegebenenfalls reagieren kann. Unter anderem ist zu überprüfen, ob eine ausreichende Versorgung mit Sonderschullehrkräften sichergestellt ist und ob das Konzept der gruppenbezogenen Inklusion umgesetzt bzw. inwieweit Einzelinklusion oder die Bildung gemischter Gruppen mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten vermieden werden konnten.

Weitere Anträge der Freien Demokraten zielen ab auf mehr Planungssicherheit für Schulen und Schulträger, den Abbau von Hemmnissen beim Einsatz von Privatschullehrkräften an staatlichen Schulen und einen Zustimmungsvorbehalt des Bildungsausschusses bei der Inklusionsverordnung, in der wichtige Fragen geklärt werden müssen.“

Kern resümierte: „Ohne diese Änderungen und Maßnahmen kann die FDP/DVP-Fraktion dem Gesetzentwurf nicht zustimmen – gerade weil wir Freien Demokraten die Inklusion befürworten und weil wir der Ansicht sind, dass wir den Kindern mit Behinderungen den höchsten Qualitätsstandard bei ihrer Förderung schuldig sind. Zustimmen werden wir dagegen dem zweiten vorliegenden Gesetzentwurf, der auf der Finanzierungsvereinbarung mit den Kommunen zur Inklusion beruht. Die kommunalen Landesverbände haben dazu ihr grundsätzliches Einverständnis signalisiert. Also scheint hier anders als beim ersten Gesetzentwurf eine tragfähige Arbeitsgrundlage für die Beteiligten geschaffen.“

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