Ziele mit Planungssicherheit festschreiben – Wege offen lassen.
Nach einer kurzen Begrüßung durch die Inhaberin des Autohauses Kreisser in Ulm, Petra Wieseler, sowie des verkehrspolitischen Sprechers der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Christian Jung, diskutierten am 2. Juni 2025 in sehr gut besuchtem Haus ausgewiesene Experten zum Thema „Kraftstoffe für Klimaschutz: E-Fuels:“. Teilnehmer waren neben der bereits genannten Gastgeberin Petra Wieseler, die zugleich Obermeisterin der KfZ-Innung Ulm ist, Sonja Bayer (Geschäftsführende Gesellschafterin bayer-spedition und Vizepräsidentin IHK Ulm), Johannes Küstner (Head of Public Affairs Germany Iveco Group) und Friedrich Haag (Sprecher der Fraktion für individuelle Mobilität).
Dr. Jung stellte in seiner Begrüßung heraus, dass es den Freien Demokraten in ihrem Eintreten für E-Fuels und andere klimafreundliche Kraftstoffe wie HVO 100, bio-CNG sowie bio-LNG darum gehe, wirkliche CO₂-Minderungen zu erreichen. Viel zu oft werde das Problem des Fahrzeugbestands ausgeblendet. Ein weiterer wichtiger Punkt für Baden-Württemberg sei insbesondere die Sicherung der Wertschöpfungspotenziale, der Innovationskraft und damit der Beschäftigung.
Petra Wieseler betonte, wie wichtig Planungssicherheit mit verlässlichen Rahmenbedingungen sei. Sie illustrierte dies anhand der Effekte anlässlich des Auslaufens der E-Auto-Kaufprämie. Zu letzterer habe sie eine ambivalente Meinung. Zentral sei aus ihrer Sicht, dass wenn es Kaufanreize geben sollte, diese auch für den Gebrauchtmarkt gelten würden. Gleichwohl stelle sich die Finanzierungsfrage. Investitionen in Technologievielfalt und Batterietechnologien würde sie persönlich bevorzugen. Denn es brauche eine Vielfalt der Wege und damit Lösungen. Erneuerbare Kraftstoffe sollten endlich anerkannt werden. Mobilität müsse für alle bezahlbar bleiben und deshalb brauche es auch bezahlbare Autos. Für den Handel mit Gebrauchtfahrzeugen stellte sie bei dreijährigen Autos bei E-Modellen deutlich geringere Restwerte als bei konventionellen Antrieben fest. Hier würden zertifizierte Batterietests helfen. Denn die Fahrzeugakkus seien vielfach deutlich besser als ihr Ruf. Insgesamt blicke sie optimistisch in die Zukunft, wünsche sich jedoch Planungssicherheit, Bürokratieabbau und dass daran gedacht werde, die Fahrzeugdaten zugänglich zu machen. Gemeinsam solle man für den Erhalt von Arbeitsplätzen eintreten.
Sonja Bayer betonte, dass sie in ihrem Unternehmen, das Kraftstoffe von der Raffinerie in Karlsruhe zu den Tankstellen liefere, bereits HVO 100 verwende. Dieser sei sehr gut verfügbar. Es gebe keine Knappheiten. Im weiteren Geschäftszweig Busverkehre würden auch bereits E-Busse eingesetzt. Ein wesentliches Problem sei derzeit noch die Bezahlbarkeit. Man rede bei den Preisen vom Faktor bis zum Zweieinhalbfachen. Ohne Förderungen sei dies wirtschaftlich nicht darstellbar, jedoch gebe es aktuell nichts. Sie zeigte sich erfreut, dass der Alb-Donau-Kreis sowie der Landkreis Biberach beim ÖPNV auch auf HVO 100 setzten und die Mehrkosten für den Kraftstoff trügen. Die Erfahrungen seien sehr gut. Sie setze auf Technologieoffenheit. Von all electric rede inzwischen niemand mehr. Bei sehr hohen Leistungsanforderungen wie bei den bei ihr eingesetzten Sattelschleppern für den Kraftstofftransport sehe sie bis auf weiteres keine sinnvollen E-Antriebe – nicht zuletzt aufgrund der zulässigen Gesamtgewichte auf unseren Straßen. Schon heute könnten deshalb die Tanks gar nicht vollständig befüllt werden. Auch sie wünsche sich deutlichen Bürokratieabbau, die Senkung von Energiekosten, dass den Unternehmen wieder mehr Vertrauen geschenkt werde sowie ein klares Ja zu HVO 100 und E-Fuels.
Johannes Küstner illustrierte, weshalb IVECO auf alle Antriebsarten setze. Das Ziel Klimaneutralität müsse auf allen Wegen erreicht werden. Im Nutzfahrzeugbereich hätten die Kunden extrem unterschiedliche Anforderungen. Deshalb brauche es unterschiedliche Ansätze, die in die betrieblichen Abläufe integrierbar und bezahlbar seien. Der Einsatz von HVO 100 bei Bestandsfahrzeugen sei ebenso wie das beliebige Mischen mit fossilem Diesel problemlos möglich. Die geänderte sicherheitspolitische Lage mache Resilienz wesentlich wichtiger als in früheren Zeiten. Diese sei nur mit HVO 100, bio-CNG, bio-LNG und perspektivisch mit E-Fuels möglich. Ein besonderes Augenmerk richtete er auf den regulatorischen Rahmen der EU, den er als farbenblind bezeichnete. Es spiele bisher leider keine Rolle, ob ein Kraftstoff für einen Verbrennungsmotor fossilen Ursprungs oder klimafreundlich sei. Die CO₂-Regulierung kenne nur Wasserstoff oder Batterie. Regenerative Kraftstoffe zählten bisher nicht. Die gleiche Problematik finde man bei der Maut-Regelung und der Energiesteuer. Er plädiere mit Nachdruck dafür, die Frage der CO₂-Minderung in den Fokus zu rücken und die Technologie offen zu lassen. Denn dann könne bereits heute schon wesentlich mehr getan werden. Er wünsche sich eine stringente Regulierung, die technologieoffen ist. Die Politik solle sich auf Rahmenbedingungen fokussieren, nicht jedoch eine Technologie vorschreiben. Nur aus Innovationen ergäben sich neue Wertschöpfungspotenziale, die zu Wohlstand führten.
Friedrich Haag stellte klar, dass die Zulassungszahlen sowie die Anzahl an Führerscheinprüfungen eindeutig zeigten, dass es ein starkes Interesse an individueller Mobilität gebe. Im Ziel der Minderung des CO₂-Ausstoßes herrsche Einigkeit. Ihm sei ein ganzheitlicher Ansatz wichtig. Es sollte kein Entweder-Oder geben. Ohne E-Fuels würden noch über Jahrzehnte in den vorhandenen Fahrzeugen fossiler Kraftstoff verwendet. Die Frage sei doch, wie man es schaffe, dass das Rohöl tatsächlich im Boden bleibe. Nur dann gebe es einen Mehrwert in Sachen Emissionsminderung. Hierzu seien Energiepartnerschaften unerlässlich. Er bekräftigte, dass es eine Änderung der Rahmenbedingungen brauche. Diese ließen bisher E-Fuels zu vernünftigen Bedingungen nicht zu. Das faktische Verbrennerverbot ab dem Jahr 2035 müsse endlich fallen. Dabei erinnert er an den langwierigen Freigabeprozess zu HVO 100. Während dieser nahezu in ganz Europa schon getankt werden durfte, blockierte seinerzeit noch das grün geführte Bundesumweltministerium. Er sei froh, dass HVO 100 inzwischen an rund 500 Tankstellen öffentlich verfügbar sei. In Europa könnten bis zu 40 Prozent des Dieselbedarfs durch HVO 100 ersetzt werden. Die Klimafreundlichkeit dieses Kraftstoffs sollte auch bei der Energiesteuer berücksichtigt werden – er trete für eine Befreiung ein. Die Frage der Arbeitsplätze werde vor dem Hintergrund der Krise und der Verlagerungen offenkundig. In diesem Zusammenhang erinnerte er an die Äußerung eines früheren CEO eines bedeutenden Autozulieferers. Während dieser im Dieselbereich 10 Personen beschäftigen konnte, seien es bei E-Lösungen nur eine. Es sei im Übrigen eine völlig falsche Darstellung, wenn behauptet werde, China setze ausschließlich auf E-Antriebe. Vielmehr werde das Ziel verfolgt, auch im Bereich Verbrennungsmotoren den Markt zu beherrschen, so wie heute bereits bei den Batterien. Es gelte, neue Abhängigkeiten zu vermeiden. Deshalb sei Technologieoffenheit unerlässlich.