Arnold: Inklusion muss vonunten wachsen können
Gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen ausbauen – In einer Landtagsdebatte zum Thema Inklusion und Gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen sagte die stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Dr. Birgit Arnold:
„Gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen ist uns wichtig, denn was Hänschen hier lernt, wird auch Hans in seinem späteren Leben beherzigen: Menschen mit Behinderung sind Teil der Vielfalt des menschlichen Lebens, sie gehören zu uns und in die Mitte unserer Gesellschaft und auch sie sollen ihr Leben so selbstbestimmt und frei leben können, wie es irgend möglich ist. Und in den letzten zwei Jahren sind wir in dieser Frage einen großen Schritt vorangekommen. Wie haben wir darum gerungen, auch von Seiten der FDP/DVP-Fraktion, dass die Waldorfschule Emmendingen ihre integrative Arbeit fortsetzen kann. Es ist noch nicht lange her, als herrschende Meinung war, dass eine integrative Schule im Schulgesetz von Baden-Württemberg nicht vorgesehen sei.Unsere Fraktion hat schon im März 2009 in einem Berichtsantrag die entscheidenden Fragen gestellt: Wie kann der inklusive und in seiner Natur immer zieldifferente Unterricht auch in Baden-Württemberg ermöglicht werden? Wie können wir den Eltern ein echtes Wahlrecht für die Auswahl der Schule geben? Was bedeutet die UN-Konvention der Rechte der Menschen mit Behinderung für unser Bildungssystem? Wir haben deshalb den damaligen Kultusminister Rau darin unterstützt, einen Expertenrat zur Beantwortung dieser Fragen einen Expertenrat einzusetzen. Dieser Expertenrat hat seine Beratungen abgeschlossen und seine Vorschläge vorgelegt. Die FDP/DVP-Fraktion begrüßt die Vorschläge dieses Gremiums, die einen Paradigmenwechsel einleiten. Gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen soll in Zukunft regulär stattfinden können und nicht mehr die Ausnahme sein. Inklusive Beschulung heißt, dass das Kind mit Behinderung Schüler der Regelschule ist und Unterricht der Regelschule teilnimmt, auch wenn es dem allgemeinen Bildungsgang nicht folgen kann.Wichtig ist uns deshalb, dass das einzelne Kind in den Mittelpunkt gestellt wird. Für das einzelne Kind mit Behinderung soll durch die neuen Bildungswegekonferenzen eine passgenaue Lösung entwickelt werden. Wichtig ist uns auch, dass die Eltern die Schule frei wählen können. Dieses Elternwahlrecht kann nur durch zwingende Gründe eingeschränkt werden, die etwa im Bildungsrecht des behinderten Kindes selbst oder im Bildungsrecht anderer beteiligter Kinder liegen oder darin liegen, dass die Eltern eine Lösung wünschen, die mit einem unbilligen Kostenaufwand bzw. einem unverhältnismäßigen Mehraufwand verbunden wäre. „Unbillig und unverhältnismäßig“ bedeutet: Wenn wir mehr gemeinsamen Unterricht wünschen, dann müssen an unseren Schulen auch in einem vertretbaren Rahmen dafür die nötigen sächlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Betonen möchte ich noch, dass uns der Erhalt der Sonderschulen ein wichtiges Anliegen ist. Hier sind echte Kompetenzzentren sonderpädagogischer Förderung entstanden, auf die wir nicht verzichten können. Denn schließlich geht es uns bei unseren Bemühungen darum, nicht weniger, son-dern mehr Wahlfreiheit für die Eltern zu erreichen. An einigen Schwerpunktschulämtern soll zunächst einmal folgenden Fragen nachgegangen werden: Was bedeutet es, wenn Kinder mit Behinderung an normalen Regelschulen unterrichtet werden? Welche Lehrerressourcen brauchen wir dafür? Wie soll der Unterricht für diese Kinder aussehen? Wir wollen darüber hinaus aber auch die Eltern mitnehmen, die sich jetzt schon sicher sind, dass sie ihr Kind mit Behinderung an einer normalen Regelschule unterrichten lassen wollen. Wo es solche Initiativen schon gibt, wo Eltern schon die Schule gefunden haben, die diesen Weg mitgehen will, sollen bereits jetzt diese Eltern die nötige Unterstützung bekommen und nicht erst in drei Jahren. Und die entsprechenden Schulen sollen bereits jetzt die nötigen Ressourcen dafür bekommen. Inklusion muss gerade auch von unten herauf wachsen können. Wir haben uns deshalb mit unserem Koalitionspartner darauf verständigt, dass im Zuge von Ausnahmegenehmigungen hier schon vor der gesetzlichen Abschaffung der Sonderschulpflicht begonnen werden kann.