Rülke: Die Imagekampagne geht in die Hose, der Landeshaushalt auch
FDP will private Investitionen anreizen und schlägt Senkung der Grunderwerbsteuer vor.
An den Beginn seiner Ausführungen in der Debatte über den Landeshaushalt stellt der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, einen Überblick über die Gesamtentwicklung des Haushaltsumfangs in Baden-Württemberg in den letzten 25 Jahren. So hätte im Zeitraum von 1996 bis 2011 das Haushaltsvolumen um vier Milliarden Euro zugenommen, während in der Regierungszeit von Ministerpräsident Kretschmann seit 2011 der Aufwuchs 20 Milliarden Euro betrug – wobei die Mehreinnahmen an Steuern in diesem Zeitraum nur 10 Milliarden gewesen wären. Dies erkläre auch die bestehende Deckungslücke von rund 4,5 Milliarden.
Überhaupt sieht Rülke keinerlei Grund für Schulterklopfen und Selbstlob seitens der Regierung. Angeblich sei das ein solider Haushalt, wenn man den Aussagen dieser Landesregierung folge, die für die „Fata Morgana eines ausgeglichenen Haushalts“ verantwortlich sei. Rülke bekennt sich zur Notwendigkeit von echten Investitionen, die Koalition glänze aber immer nur durch konsumtive Ausgaben. Ein Beispiel sei die personelle Aufblähung der Regierung, in deren Apparat die Anzahl der Stellen seit 2011 von 2900 auf jetzt 4000 Stellen angewachsen sei. Für das kommende Jahr seien dann schon wieder weitere 150 zusätzlich geplant. Vor diesem Hintergrund sei es wenig verwunderlich, dass der Landesrechnungshof dieser Koalition mangelnde Sparanstrengungen vorwerfe, wie dies Rechnungshofpräsident Günther Benz ausgeführt hatte.
Finanzminister Bayaz behauptet: „Dieser Haushalt ist ehrlich“ – zitiert Rülke und fragt: „Was heißt das denn für die vorangegangenen Haushalte dieser Koalition?“ Bayaz bescheinige sich selbst einen „löblichen Sonderweg“ – dabei habe er nur den Taschenspielertrick einer vorangegangenen Verschuldung angewandt, so Rülkes Feststellung.
Rülke führt die fünf Kernpunkte auf, mit denen Bayaz seinen Haushalt charakterisiere. Alle fünf führten in die Irre, analysiert Rülke und zählt im Einzelnen auf:
1. Keine neuen Kredite
Dazu Rülke: „Das ist ja wohl kaum ein Kunststück, wenn man die Schulden schon vorher gemacht hat.“
2. Rückführung von Schulden
Rülke: „Das stimmt schlichtweg nicht, es handelt sich dabei lediglich um die Rückgabe von unnötigen Verschuldungsrechten.“
3. Vorsorge
Rülke: „Hier herrscht weder Haushaltsklarheit noch Haushaltswahrheit. Bayaz‘ Beispiel der möglichen Tarifsteigerung ist falsch. Sollte diese höher ausfallen als erwartet, dann mache man einen Nachtragshaushalt – so geht transparente und nachvollziehbare Haushaltspolitik.“
4. Maßhalten
Rülke: „Angesichts schon wieder neuer Personalstellen in den Ministerien ist diese Aussage schlicht lächerlich.“
5. Leitbild: Klimaschutz, Innovation und Sozialer Zusammenhalt
Rülke: „Hier wird eindeutig das Thema verfehlt. Es wird kleinteilige Verbotspolitik praktiziert statt wirksamem Klimaschutz und Innovation. Außerdem ist ein Aushebeln der Bürgerbeteiligung dort geplant, wo die Bürger mehrheitlich etwas wollen, was dieser Regierung nicht passt. Ein markantes Beispiel sind die Pläne, die derzeit im Staatsministerium geschmiedet werden, um den Bürgern bei der Windkraft ihre Bürgerrechte zu entziehen.“
Rülke erinnert daran, wie Bayaz in seiner Rede bei der Haushaltseinbringung gesagt hatte, das Land habe sich in der Krise „auch“ wegen der Pandemie massiv verschuldet. „Genau dieses ‚auch‘ ist das Problem“, so Rülke an die Adresse der Regierung.
So sei dieser Haushalt nicht maßvoll, sondern maßlos und selbst der Ministerpräsident halte seinen Finanzminister für überfordert: Dieser sei neu und müsse sich erst einarbeiten, wie er ausführte. Dazu Rülke: „Herr Ministerpräsident, wer so redet, der hält seinen Finanzminister für total unfähig!“
Kretschmann hätte wohl auch hier „das falsche Pferd gesattelt – so wie mit der Wahl seines Koalitionspartners“, so Rülke. Dessen Landesvorsitzender befinde sich ja „seit Wochen im politischen Todeskampf. Bei der CDU geht es zu wie bei der Rocky-Horror-Picture-Show: Wer dort zu Besuch kommt trifft nur noch das Hausmädchen und den buckligen Diener.“
Rülke attestierte der grün-schwarzen Koalition einen „grandiosen Fehlstart“. Die Regierung werde beispielsweise mit einem überflüssigen „Tiny-House-Ministerium“ für „Landesentwicklung und Wohnen“ unnötig aufgeblasen, der Regierungsapparat explodiere durch eine wahre „Staatssekretärsinflation.“ Dies werde vom Ministerpräsidenten mit einem schrägen Bild begründet. Er brauche so viele Staatssekretäre, so Kretschmann, weil „die Menschen mit dem Papst und nicht mit dem Bischof sprechen wollten“. Dazu Rülke: „Herr Ministerpräsident, wenn Sie ernsthaft Ihre Staatssekretäre für Päpste halten, dann fällt einem nur noch eine alte Volksweisheit ein: Je näher dem Papst, desto schlimmer der Christ.“
„Kretschmanns falsches Pferd heißt Strobl und Hermanns falsches Pferd heißt Abellio!“ – so Rülke und weiter: „Wir werden aufklären, wie viele Millionen an Steuergeld hier versenkt wurden.“
Verkehrsminister Hermann halte sich vermutlich für ein Genie im Sinne von James Joyce, der einmal gesagt hat: „Ein Genie macht keine Fehler. Seine Irrtümer sind Tore zu neuen Entdeckungen.“ Rülke: „Hermanns Entdeckungen sind aber stets eine Belastung für unser Land!“
Die angekündigte Klimapolitik dieses Haushalts sei dirigistisch, so Rülkes Vorwurf an die Regierungsadresse: So würden Windräder an Stellen geplant, wo kein Wind wehe, eine Nahverkehrsabgabe werde die Kommunen belasten und eine Solarpflicht sei auch auf Dächern vorgeschrieben, wo kein Sonnenstrahl hinkomme. „Das ist auch der Grund, weshalb sich das Sondierungspapier für die Ampel-Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene die Koalition in Baden-Württemberg nicht zum Vorbild genommen hat“, so Rülke.
„Bayaz erklärt, er wolle privates Kapital für den Klimaschutz mobilisieren und meint damit die Solarpflicht. Ich sage: Wir brauchen Anreize, nicht Gängelung“, so Rülke. Bayaz sage zu Corona: „Das Gesundheitswesen war schlecht vorbereitet.“ Kretschmann und Lucha hätten dazu aber ganz anders geredet. „Was gilt nun?“ – so Rülkes Frage. Es sei auch besser, das Gesundheitswesen zu digitalisieren als hunderte von neuen Stellen zu schaffen.
Rülke: Insgesamt ergäbe sich ein regelrechtes Haushaltschaos. So seien Milliarden neuer Schulden vorgesehen, obgleich Haushaltsreste und nicht benötigte Verschuldungsrechte vorhanden seien, so dass sogar der Landesrechnungshof das Haushaltsgebaren dieser Regierung für verfassungswidrig halte.
Gipfel der Geldverschwendung sei aber nach Rülkes Aussagen die neue Imagekampagne „The Länd“. Darüber mache sich die halbe Republik lustig. Und beim „Guerilla-Marketing“ seien massenhaft Ordnungswidrigkeiten begangen worden. Rülke wörtlich dazu: „Wie will man denn von den Bürgerinnen und Bürgern Rechtstreue erwarten, wenn das Staatsministerium sich ums Ordnungsrecht nicht schert?“ Auf 21 Millionen beliefen sich die Kosten für diese verunglückte Imagekampagne, während gleichzeitig beim Antisemitismusbeauftragten und bei Lehrerstellen gespart würde.
Rülke beschreibt die zentralen Vorschläge der FDP-Landtagsfraktion in den Haushaltsberatungen:
- Der Kultusministerin sollen die von ihr beantragten 200 zusätzliche Stellen gegeben und dafür 200 Stellen in den Ministerien eingespart werden.
- Die Grunderwerbsteuer soll wieder von 5 auf 3,5 Prozent abgesenkt werden. Das kostet 700 Millionen und es verbleiben immer noch Einnahmen von 1,7 Milliarden. 2011 beliefen sich diese auf eine knappe Milliarde Euro.
- Außerdem eine echte Tilgung von Kreditmarktschulden in Höhe von 500 Millionen Euro.
Die Mehrausgaben belaufen sich in der Summe auf 1,2 Milliarden Euro, die durch die prognostizierten Steuermehreinnahmen in derselben Höhe gegenfinanziert werden könnten.