Pressemitteilung

25.Januar 2023 - Schule

Kern: FDP fordert wegen der miserablen Bildungssituation im Land eine Regierungserklärung von Kretschmann

Erhebliche Zweifel, ob Grün-Schwarz überhaupt in der Lage ist, evidenzbasierte Bildungspolitik zu betreiben – Bildungsgerechtigkeit müsste Richtschnur bildungspolitischen Handelns sein.


Zur Plenarrede zum Fraktionsantrag der FDP/DVP-Fraktion (Drucksache 17/1586), sagt der bildungspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Timm Kern:

 

„Am 28. November 2022 trafen sich der Ministerpräsident und sein Kabinett zu einem Kamingespräch, um die miserablen Ergebnisse etlicher Bildungsstudien – jüngst des IQB-Bildungstrends 2021 – zu diskutieren. Man kam zum Ergebnis, dass die Bildungspolitik nun ‚evidenzbasiert’ zu sein hat und ‚dass man die lange Phase des Herumexperimentierens mal bitte beendet‘. Ministerpräsident Kretschmann hat also über zwölf Jahre gebraucht, um zu einer Erkenntnis zu gelangen, die für jede Bildungspolitikerin bzw. jeden Bildungspolitiker selbstverständlich sein sollte. Mit diesen Äußerungen leistete der Regierungschef von Baden-Württemberg seinen eigenen bildungspolitischen Offenbarungseid. Das Resultat einer ideologischen und nicht im Geringsten evidenzbasierten Bildungspolitik zeigt sich an vielen Projekten der seit über einem Jahrzehnt grün-geführten Landesregierungen:

 

Zunächst wurde völlig überhastet die Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung abgeschafft, woraufhin sich die Sitzenbleiberquoten an den Realschulen fast verfünffacht und an den Gymnasien mehr als verdoppelt hatten. Zumindest an den Realschulen fand man eine ‚pragmatische‘ Lösung des Problems, denn man schaffte kurzerhand das Sitzenbleiben in den fünften Klassen ab.

 

Ein weiteres Experiment grüner Bildungspolitik war der mit brachialer Macht vorangetriebene Umbau des bisherigen Schulsystems – weg von einem vielfältigen Schulangebot hin zum sogenannten Zweisäulenmodell à la Kretschmann, bestehend aus Gymnasien und Gemeinschaftsschulen. Viele Gemeinden mussten ihre Haupt- und Werkrealschulen schließen und Gemeinschaftsschulen einführen, wenn sie ihren Schulstandort nicht verlieren wollten. Ein gut funktionierendes Schulsystem, das bisher Spitzenwerte in Bildungsrankings einnahm, wurde in wenigen Jahren systematisch ruiniert.

 

Beworben wurden diese Maßnahmen stets unter dem Deckmantel der Bildungsgerechtigkeit. Gerade neuere Studien zeigen allerdings, dass integrierte Systeme wie Gemeinschaftsschulen seit Jahren schlechter abschneiden wie vielfältige und differenzierte Schulsysteme, bestehend aus Haupt-, Werkreal-, Realschulen und Gymnasien, wie wir sie in Baden-Württemberg Jahrzehnte lang erfolgreich hatten. Sogar die eigenen Daten der grün-schwarzen Landesregierung liegen bereits auf dem Tisch und zeigen in eine eindeutige Richtung: Laut VERA 8 schnitten die Achtklässlerinnen und Achtklässler an den Gemeinschaftsschulen – egal ob auf Haupt-, Realschul- oder Gymnasialniveau – stets schlechter ab als vergleichbare Schülerinnen und Schüler auf den differenzierten Schularten der Haupt- und Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien.

 

Zahlen, Daten und Fakten in der Bildungsforschung – auch oder gerade mit Baden-Württemberg-Bezug – gibt es also bereits zu Genüge. Jedoch werden diese von dieser grün-geführten Landesregierung seit nun über einem Jahrzehnt konsequent ignoriert. Derweilen stürzt Baden-Württemberg in Bildungsrankings seit Jahren – und das in galoppierender Geschwindigkeit – rasant ab – und ist nun auf den untersten Rängen im Bundesländervergleich angekommen.

 

Wer evidenzbasierte Bildungspolitik macht, müsste gerade diese zwei gravierenden Fehlentscheidungen – Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung sowie Schwächung des vielfältigen und differenzierten Bildungssystems – wieder rückgängig machen. Neuere sozialwissenschaftliche Forschungen zeigten, dass ein vielfältiges und differenziertes Bildungssystem für die Kinder in den unteren Leistungsbereichen sogar zu höheren Leistungen führt als in integrierten Systemen wie den Gemeinschaftsschulen.

 

Da die Fraktion der Freien Demokraten Zweifel hat, ob diese grün-schwarze Landesregierung überhaupt den Willen hat, evidenzbasierte Bildungspolitik zu betreiben, fordern wir Winfried Kretschmann zu einer Regierungserklärung in dieser Sache auf. Denn Bildungsgerechtigkeit darf nicht ein Slogan dieser Landesregierung sein, sondern er müsste Richtschnur jeglichen bildungspolitischen Handelns sein.“