Pressemitteilung

13.November 2019 - Haushalt

Rülke: „Wer ausgibt und nicht Rechnung führt, der wird bald arm ohn‘ dass er’s spürt“

In der Debatte zum Staatshaushalt 2020/21 hat der Vorsitzende der FDP/DVP Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, auf die Haushaltseinbringung durch die Finanzministerin Baden-Württembergs, Edith Sitzmann, in der vergangenen Woche reagiert.
Sitzmann hatte in ihrer Haushaltsrede gesagt, Geld auszugeben sei keine Kunst, sondern mit wenigen Mitteln auszukommen, erinnerte Rülke. Genau dies leiste dieser Haushalt aber nicht, genau dies hätten die grüngeführten Landesregierungen der beiden zurückliegenden Legislaturperioden auch nie geleistet. Es sei eine dreiste Aufschneiderei, sich für diese Haushaltspolitik auch noch zu brüsten, so Rülke und zitierte ein nepalesisches Sprichwort, das besage: „Seichte Bäche rauschen am meisten“. Dieser Satz tauge als Überschrift für die Haushaltsrede der Ministerin.

Von „wenigen Mitteln“ zu reden sei nach seinen Aussagen schon unverschämt, wie dies die Finanzministerin getan hätte. Während die FDP in ihrer fünfzehnjährigen Regierungstätigkeit das Haushaltsvolumen von 31,8 auf 35,1 Milliarden um 10,4 Prozent oder 3,3 Milliarden vergrößerte, habe Winfried Kretschmann in den zehn Jahren seiner Regierungszeit diesen Umfang um über 50 Prozent bzw. über 20 Milliarden auf 55,3 Milliarden inklusive Zurechnung des Länderfinanzausgleichs ausgeweitet, kritisierte Rülke scharf. Für ihn und seine Regierungen gelte die alte Bauernweisheit: „Wer ausgibt und nicht Rechnung führt, der wird bald arm ohn‘ dass er’s spürt.“ Das sehe man auch bei den Einnahmen und Ausgaben und zeigte auf: 2013 waren es 42,8 Milliarden, 2021 werden es 52,2 Milliarden sein. Ein Plus von 9,4 Milliarden. Die Gesamttilgung der Schulden des Landes belaufe sich trotz bester Wirtschaftsdaten auf gerade einmal 1,25 Milliarden, dabei würden von 2018 auf 2019 die Summe von 5,6 Milliarden Euro an Haushaltsresten mitgeschleppt. Nicht einmal die Opposition, sondern lediglich neutrale Betrachter brauche man, um die Seichtheit des rauschenden Bachs zu erkennen, so Rülke.

Er zitiert die Stuttgarter Zeitung vom 09. Oktober 2019: „Der Etat für die Jahre 2020 und 2021 enthält die traurige Kunde, dass Grün-Schwarz das Prinzip der Schuldenbremse immer noch nicht verstanden hat“ und die Rhein-Neckar-Zeitung vom selben Tag: „Es bleibt das Grundproblem des grün-schwarzen Zweckbündnisses: In komfortablen Zeiten für Haushälter fehlen Mut, Visionen und vor allem eine gemeinsame Linie. So wird ein Stillstand fortgeschrieben, der auch künftige Regierungen binden wird.“ Nicht einmal die Zinsentwicklung hätte die Landesregierung im Griff, kritisierte Rülke: 2020 betrügen die Zinslasten 1,3 Milliarden Euro und 2021 fast 1,7 Milliarden und das bei der konstanten Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank.
Was nun die Gründe für eine solche schlechte Haushaltspolitik seien, fragte Rülke und erklärte: Die Leitlinie sei hier „Konsumption statt Investition“, insbesondere im Stellenbereich. So seien seit 2017 fast 7600 neue Stellen im Haushalt aufgeführt; in den Landesbetrieben seit 2017 fast 3400.
Darunter seien nach seinen Aussagen aktuell neben sinnvollen Stellen im Bereich Lehrer und Polizei auch 730 bei den Landesbetrieben, darunter 150 in den Forstverwaltungen und wieder einmal 10 Stellen für das grüne Prestigeprojekt Nationalpark Schwarzwald, der es mit der Kostenexplosion beim Besucherzentrum ins Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler geschafft hätte und sich daher trauriger Berühmtheit rühmen könne. Dabei könne das überteuerte Besucherzentrum noch nicht mal mehr 15% der Besucher aufweisen, wie von den Grünen erwartet worden war.
Alleine 150 neue Stellen seien bei der Finanzverwaltung des Landes mit der Grundsteuerreform vorgesehen. Durch solche Maßnahmen erklärte sich wieder einmal der größte Steigerungsposten im Landeshaushalt, nämlich die Personalkosten. Hier sei 2020 ein Plus von 1,3 Milliarden vorgesehen, 2021 sogar ein Plus von 2,1 Milliarden.

„Dennoch wollen wir als verantwortungsvolle Opposition eine solidere Zukunft“, führte Rülke aus und benennt konkret die Schuldenbremse, die für die Landesverfassung vorgesehen und die auch einzuhalten sei. Hier hätte sich gezeigt, dass die FDP/DVP keine Fundamentalopposition betreibe, sondern bereit sei zur notwendigen Verfassungsänderung. „Dabei wurde eine wichtige Bedingung für uns erfüllt: Mehr Schuldentilgung“, so Rülke und bezifferte dies konkret mit 132 Millionen zum Ausgleich des Kontrollkontos für die Kreditaufnahme unter der seitherigen Schuldenbremse.
Trotz aller Ausgabenwut stellte Rülke beim Haushalt enorme Spielräume fest. So seien noch rund zwei weitere Milliarden Euro an Mittelverwendung offen. Während Finanzministerin Sitzmann auf eine Rücklage dränge, wolle der CDU-Fraktionsvorsitzende Reinhart damit gestalten. „Was will die grün-schwarze Regierung denn nun?“, fragte Rülke und stellte fest, dass es der Koalition bei der wichtigen Frage der Haushaltsgestaltung offenbar wieder einmal an einer gemeinsamen Strategie fehle. Rülke zitierte Friedrich dem Großen, von dem der Satz stamme: „Der Luxus treibt den Menschen nicht zu einer einzigen Tugend an, sondern stumpft alle besseren Gefühle in ihm ab.“ Dies gelte nach Rülkes Worten besonders für diese Landesregierung.

Bei solchen Spielräumen sei eigentlich ein besserer Umgang mit den Kommunen naheliegend, stellte Rülke fest. Doch leider gelte für den Umgang mit den kommunalen Spitzenverbänden ganz offensichtlich, dass diese Landesregierung zwar so viel Geld wie nie, aber eben auch so viel Streit wie nie mit den Kommunen hätte. So seien bei der Anschlussunterbringung der Flüchtlinge für 2020 der Betrag von 150 Millionen Euro im Landeshaushalt vorgesehen, notwendig seien aber 270 Millionen. Er schilderte, wie im Schwarzwälder Boten vom 06. November 2019 der Rottweiler Landrat Wolf-Rüdiger Michel gefragt wurde, wie er auch als CDU-Mitglied die Arbeit seiner Parteifreunde im Land beurteile. Allein dem Kreis Rottweil fehlten dafür 3 Millionen Euro im Jahr. Dies sei ein „unmöglicher Vorgang“, so Michel und wird wörtlich zitiert: „In Stuttgart sitzen schwäbische Entenklemmer.“

Auch in der Steuerpolitik hätte es Handlungsspielraum gegeben, so Rülke. „Bei der anstehenden Grundsteuerreform verlangten wir eine Öffnungsklausel, die jetzt auch für das Land Baden-Württemberg zu nutzen ist: Eine Neuregelung muss weniger Bürokratie und keine zusätzliche Belastung für Bürgerinnen und Bürger bringen.“ In Bezug auf die vom Land erhobene Grunderwerbsteuer erneuerte Rülke die Forderung seiner Fraktion, diese von 5 auf 3,5 Prozent zu senken, um die nötigen Impulse für Wohnungsbau zu setzen. Die Einnahmen aus dieser Steuer für das Land hätten 2011 940 Millionen Euro und 2021 den Betrag von 2,17 Milliarden ergeben. Bei einer Absenkung ergäbe sich immer noch ein Betrag von 1,52 Milliarden Einnahmen aus diesem Bereich, rechnete Rülke vor.

Im Rundfunkbereich wäre es einfach gewesen, etwas für die Vielfalt zu tun, mahnte Rülke an. Ministerpräsident Kretschmann hätte in der vergangenen Woche geäußert, er befürchte „Nachrichtenwüsten“. Auf der anderen Seite würden den Regionalsendern lediglich 3 Millionen Euro an Fördermitteln zugestanden, wobei 4,9 Millionen von der Regierung in Aussicht gestellt worden seien und der tatsächliche Bedarf 5.9 Millionen betrage. Wer angesichts dieses Förderverhaltens gegenüber Regionalsendern über Nachrichtenwüsten jammere, begehe Heuchelei, so Rülke, und zitierte den Aphoristiker Jürgen Köditz: „Besonders talentierte Heuchler klopfen sogar Ihrem Spiegelbild auf die Schulter.“

Finanzministerin Sitzmann sagte über den Landeshaushalt: „Wir machen den Haushalt wetterfest.“ Rülke fragte dagegen: „Und was ist mit dem Stellenaufwuchs? Was mit den strukturellen Belastungen für den Haushalt? Sitzmann behauptete, man habe „erfolgreich gestaltet“. Gleichzeitig stelle sie fest, die Wirtschaftsleistung flaue ab. Rülke fragte dagegen: „Nennen Sie das einen Erfolg?“ Nach Sitzmanns eigener Aussage seien Arbeitsplätze in Baden-Württemberg gefährdet, besonders in zwei zentralen Branchen, nämlich Maschinenbau und Fahrzeugbau. Gleichzeitig beteilige sich der Ministerpräsident am „Batteriehype“, kritisierte Rülke scharf: „Damit wird eine umweltfeindliche, mobilitätsfeindliche, unsoziale und arbeitsplatzfeindliche Technologie über Subventionen vorangetrieben, statt die vielversprechende Wasserstofftechnologie zu unterstützen, die die Wertschöpfung in Baden-Württemberg halten würde.“

Die Finanzministerin behauptete, man habe erfolgreich gestaltet und knapp jeden vierten Euro in die Bildung investiert. Gleichzeitig, so Rülke, könnten die internationalen Vergleichsdaten zum Bildungsniveau in Baden-Württemberg nicht zufrieden stellen und fragte: „Woran liegt das wohl? Was läuft falsch? Am Geld kann es nicht liegen. Der Grund ist klar: Es liegt an Ihrer falschen Schulpolitik!“ Die Landesregierung setze nach Aussagen Rülkes weiter auf Einheitsschule und nicht auf Vielfalt. So sei im Zeitraum von 2019 bis 2021 ein Minus von 1810,5 Stellen im Bereich Grund- Haupt-Werkrealschule zu verzeichnen, dafür ein Plus von 2031 Stellen im Bereich der Gemeinschaftsschulen. Hinzu komme nach Aussagen Rülkes ein Klassenteilerprivileg in dieser Schulart von 28 statt 30. Offenbar rechne auch die Kultusministerin Eisenmann mit vielen Schulschließungen in diesem Bereich, entgegen eigener Ankündigung der letzten Wochen.

Bei der Digitalisierung sei zu Beginn der Legislaturperiode eine Strategie versprochen worden unter dem Dach des Innenministeriums, erinnerte Rülke. In diesem Fall sei es nach seinen Aussagen vielleicht gut, dass es dazu nicht gekommen sei. „Jetzt ist von einer Strategie keine Rede mehr, nur noch von Einzelprojekten in Fachministerien. Wir wollen dieses wichtige Thema aber konzentriert anpacken. Deshalb fordern wir die Bündelung dieses zentralen Zukunftsthemas in einem eigenständigen Digitalisierungsministerium“, forderte Rülke erneut.

Alles in allem bewertete Rülke diesen Haushalt als „Ausweis einer stümperhaften Regierungskoalition“ und weiter: „Oscar Wilde meinte wahrscheinlich Schwarz-Grün als er sagte: ‚Es gibt Leute, die nichts können. Aber das verpfuschen sie auch noch‘“, so Rülke abschließend.