Rülke: Eine konsequente, auf Bedürfnisse ausgerichtete Politik sieht anders aus
Zur Ersten Beratung des Nachtragshaushaltes 2015/16 sagte der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke:
„Zu den meisten konkreten Veränderungen der Haushaltsansätze kann man auf den ersten Blick kaum nein sagen: Verbesserungen bei der Mehrarbeitsvergütung für die Polizei sind nicht falsch, die Aufstockung der Mittel im Nichtvollzug zur Entlastung von Polizeibeamten für den Vollzug ebenso, und genauso die Schaffung zusätzlicher Anwärterstellen. Auch die Schaffung zusätzlicher Richterstellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nicht falsch.
Aber eine konsequente, auf die Notwendigkeiten der inneren Sicherheit ausgerichtete Politik sieht doch ein Stück weit anders aus. Dasselbe gilt sicher für die notwendigen Aufwendungen, um die Verfahren zur Anerkennung und gegebenenfalls Rückführung von Flüchtlingen konsequent zu beschleunigen. Gerade in diesem Bereich brauchen wir dringend eine spürbare Entlastung der Erstaufnahmestellen und Kommunen, um den Flüchtlingszustrom zu bewältigen.
Ähnliches gilt bei der Infrastruktur: Eine digitale Dividende einmalig einzunehmen und als Fördermittel wieder auszuschütten ist ebenso wenig eine konsequente, mittelfristig angelegte Politik wie die einmalige Erhöhung der Mittel für den Erhalt von Landesstraßen im Jahr 2016. Wir werden deshalb erneut unseren Vorschlag zur Abstimmung stellen, für eine Innovations- und Investitionsoffensive eine Milliarde aus der Landesstiftung zu entnehmen, um entsprechende Mittel für den Ausbau der Verkehrs- und der Breitbandinfrastruktur bereitstellen zu können. Unser Land braucht Innovation und Wachstum, qualitatives, nachhaltiges Wachstum. Der Ausbau der Infrastruktur des Landes ist eine elementare Voraussetzung dafür, dieses Wachstum und damit mehr Chancen für unsere Bürgerinnen und Bürger dauerhaft gewinnen zu können.
Auch bei der grün-roten Haushaltsplanung im Bildungsbereich gilt: Aufgeschreckt durch die Ergebnisse der Privatschulberichterstattung wird bei der Förderung der freien Schulen nachgebessert. Die strukturellen Defizite beispielsweise in Form von Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für Ganztagsbetreuung oder Inklusion aber werden nicht angegangen. Auch die zusätzlichen Mittel für Leitungszeiten sehen aus wie ein fröhlicher Gruß vor der Landtagswahl, der frühere Defizite nicht wettmachen kann.
Genauso der Sozialbereich: Allein mit mehr Mitteln für den sozialen Wohnungsbau setzen wir keine wirklichen Impulse für den Wohnungsbau. Nötig wär ein Vierklang, der mindestens die folgenden Maßnahmen umfassen muss:
- Abbau bürokratischer Irrwege, die den Wohnungsbau verteuern: Weg mit der neuen Landesbauordnung und die Energieeinsparverordnung 2016 aussetzen.
- Wiedereinführung der steuerlichen Wohnungsbauförderung, um auch privates Kapital für den sozialen Wohnungsbau mobilisieren zu können.
- Die Flächenfrage muss neu diskutiert werden. Die demografische Entwicklung läuft in Baden-Württemberg anders als seither angenommen, und wird vom Flüchtlingsthema überlagert.
- Die Wohnungsbauförderung des Landes auf den Prüfstand des ökonomischen Sachverstands stellen, um mit knappen Mitteln möglichst viel bewirken zu können.
Die Sozialpolitik des Landes wird nicht insgesamt gut, nur weil jetzt eine vernünftige Lösung für den Kostenersatz für die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge finanziert wird.
Die grün-rote Flüchtlingspolitik insgesamt ist nicht allein deswegen gut, weil sich die Landesregierung mit den Kreisen auf ein vernünftiges Verfahren der Kostenerstattung für die Kosten von Aufnahme und Unterbringung verständigt hat und die seitherige Pauschalen jetzt durch eine Abschlagzahlung ersetzt, die sich an der Spitzabrechnung nach Vorliegen der Jahresabschlüsse der kommunalen Haushalte bemisst. Die Hauptlast tragen weiterhin die Kommunen. Wir müssen die Verfahrensdauer der Asylanträge verringern und konsequent diejenigen abschieben, die kein Bleibereicht haben. Im Gegenzug brauchen wir ein Einwanderungsgesetz, dass es Fachkräften ermöglicht, einen legalen Zugang zu unserem Arbeitsmarkt zu erhalten.
Es bleibt dabei, auch dieser Haushalt liefert den Beweis dafür, dass Grün-Rot, außer im Beamtenbereich, keinerlei Anstrengungen zur dauerhaften Konsolidierung des Haushalts unternommen hat. Diese Koalition bunkerte, vom Glück sprudelnder Steuereinnahmen begünstigt, Rücklagen und tätigte, auch nach Aussagen des Rechnungshofs, 2014 Kreditaufnahmen, die nicht erforderlich gewesen wären. Jetzt rühmt man sich der Nettokreditaufnahme Null in 2015 und 2016, hat aber noch nicht Rechenschaft darüber abgelegt, wie es 2017 und 2018 weiter gehen soll.“