Rülke: Nehmt Euch in Acht vor alten Männern, denn ihnen ist die Zukunft ganz egal
FDP-Fraktion hält Nachtragshaushalt der Landesregierung für verfassungswidrig.
„Fünf Milliarden Euro haben wir im März als notwendig erkannt und mitgetragen. Nicht aber jetzt diesen Schuldenrekord“ – so der FDP/DVP-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Ulrich Rülke in seiner Rede zum Nachtrag des Landeshaushalts. Das hieße nicht grundsätzlich, dass es keine neuen Schulden in der Krise gebe dürfe, diese müssten aber an der Corona-Situation ausgerichtet sein, erklärt Rülke. Außerdem müsse man auch dann – und gerade dann – sehen, wo man einsparen könne.
Der Fraktionsvorsitzende stellt fest, dass erst 1,4 von 4,2 Milliarden der Corona-Hilfsgelder abgerufen seien und außerdem gewaltige Rücklagen in den Haushalten bereitstünden. Er zitiert aus den Stuttgarter Nachrichten vom 23. September: „Die Corona-Töpfe des Landes sind noch gut gefüllt.“ Corona diene als Alibi für die größte Schuldenorgie aller Zeiten und der eigentliche Grund sei die Landtagswahl, so sein Vorwurf. Rülke wörtlich: „Sie wollen sich den Wahlsieg kaufen und die kommenden Generationen sollen diese Orgie finanzieren.“
Das Land habe noch 800 Millionen Euro aus der Kreditaufnahme vom 19. März und eine Haushaltsrücklage für Risiken in ähnlicher Höhe. Zudem seien Bundeszuschüsse zu erwarten und es bestünden nicht getätigte Ausgaben im Haushaltsvollzug, in Summe also über 2 Milliarden Euro Handlungsspielraum, plus Verbesserungen im Bereich des Länderfinanzausgleichs von 3 Milliarden Euro im Jahr 2020, rechnet Rülke vor: „In einer solchen Situation präsentieren Sie diese Neuverschuldung historischen Ausmaßes“. Er erinnert daran, dass der Landtag gerade erst die Schuldenbremse in die Landesverfassung implementiert hat. „Wann, wenn nicht bei einer historischen Neuverschuldung von mehr als 30 Prozent, soll sie gelten?“, so Rülkes Frage.
„Da werden tolle Dinge mit diesen Schulden finanziert“, beschreibt Rülke den Haushaltsentwurf und nennt als Beispiele „Transformation, Klimaschutz und Mobilität“ oder „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.“ Was das aber mit einer Naturkatastrophe zu tun hätte, erschließe sich nicht. Gleichzeitig verkünde Gesundheitsminister Lucha aber, man könne im Zusammenhang mit Corona nun Intensivbetten abbauen. „Was Sie da vorhaben, passt doch hinten und vorne nicht zusammen“, so Rülkes scharfe Kritik.
Als Beispiel für den eigentlichen Charakter der Regierungsvorhaben nennt Rülke, dass zu hören gewesen sei, jede Regierungsfraktion dürfe 600 Millionen verteilen. „Das ist ein orientalischer Basar; das ist Wahlkampf pur“, so seine Kritik und weiter: „Über Jahre haben Sie die Aufblähung Ihrer Haushalte damit begründet, dass sie es wegen der hohen Steuereinnahmen können. Nun können Sie es nicht mehr, da machen Sie einfach gewaltige Schulden!“ Er zitiert das Badische Tagblatt vom 23. September: „Grün-Schwarz wird als die Landesregierung in die Geschichte eingehen, die die meisten Schulden gemacht hat.“
Was später geschehe, sei absolut klar: Steuererhöhungen! Rülke zitiert den Ministerpräsidenten Kretschmann wie folgt: „Wir werden die Schulden innerhalb von 30 Jahren zurückzahlen.“ Rülke dazu: „Herr Ministerpräsident, wollen Sie bis dahin im Amt bleiben?“
Es sei doch offenkundig was hier gespielt werde, so Rülke: Man mache jetzt Schulden und die Zeche müsste dann die nächste Generation zahlen. Beim Blick auf die Regierungsbank dränge sich ein Satz des Dramatikers und Satirikers George Bernard Shaw auf: „Nehmt Euch in Acht vor alten Männern. Denn ihnen ist die Zukunft ganz egal!“
Rülke ruft die Mahnung der Rechnungshöfe von Bund und Ländern bei ihrer diesjährigen Herbsttagung in Hildesheim in Erinnerung, die explizit vor einer unzulässigen Inanspruchnahme der Ausnahmen von der Schuldenbremse und vor einem Umgehen des Verschuldungsverbots warnten. Flankiert sieht Rülke das von einem Gutachten der Universität Saarbrücken für den Bund der Steuerzahler, in dem klar festgestellt worden sei, dass Schulden, die mit einer Naturkatastrophe begründet werden, auch tatsächlich zur Bekämpfung der Notlage verwendet werden müssen.
Rülke abschließend: „Was Sie hier mit dem Landeshaushalt vorhaben, schreit geradezu nach einer gerichtlichen Überprüfung!“