Kern: Abschaffung des Werkrealschulabschlusses ist bislang schwerster Fehler in Schoppers Amtszeit
Manches richtig, vieles falsch, fast alles handwerklich schlecht – die Änderungen im Schulgesetz bringen unser Bildungssystem noch mehr in Unordnung.
Zur zweiten und finalen Lesung des Änderungsgesetzes zum Schulgesetz, sagt der bildungspolitische Sprecher der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Timm Kern:
„Dass Grün-Schwarz sich endlich im frühkindlichen Bereich bewegt, begrüßen wir Freie Demokraten ganz ausdrücklich. Leider geschieht das viel zu spät – und es sind auch noch viele Fragen offen. So ist unklar, wo das Personal für das neue Programm SprachFit herkommen soll. Mit einem Entschließungsantrag wollen wir einige eklatante Fehler im grün-schwarzen Entwurf im frühkindlichen Bereich beseitigen.
Positiv bewerten wir Freie Demokraten auch die Rückkehr zu G9. Aber auch hier kam nicht etwa Grün-Schwarz zur Einsicht. Vielmehr musste sich dies eine Elterninitiative mit über 100.000 Unterschriften erkämpfen. Die Kommunikation mit Verbänden und Praktikern bzgl. der Umsetzung jedoch ist miserabel. Dies wird vor allem beim Thema Stundentafel deutlich, denn hier erhalten wir fast täglich Schreiben von Lehrkräften, Vereinen und Bildungsverbänden, die damit ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen.
Noch viel gravierender allerdings sind die Fehler bei der Umsetzung der verbindlichen Grundschulempfehlung. Der offensichtlichste Fehler ist dabei, dass diese nur für die Gymnasien greifen soll. Begründung hierfür ist insbesondere seitens der Grünen: Die Gymnasien sollen mit der Einführung von G9 nicht überrannt werden. Das wiederum zeigt: Die Grünen verstehen die Grundschulempfehlung als Instrument der Schülerstromsteuerung – und verkennen dabei, dass die Grundschulempfehlung vor allem einen pädagogischen Sinn hat. Es geht darum, dass jedes Kind auf diejenige weiterführende Schule kommt, wo die eigenen Begabungen zu diesem Zeitpunkt bestmöglich gefördert werden können – und nicht darum, Schülerströme nach Belieben einer grün geführten Regierung zu steuern. Um diesen fundamentalen Fehler der Grünen aus dem Gesetzentwurf zu korrigieren, reichen wir einen Änderungsantrag ein, der auch die verbindliche Grundschulempfehlung für alle weiterfahrenden Schularten vorsieht. Das sich an Kompass 4 anschließende organisatorische und kommunikative Fiasko rund um den Matheteil spottet jeder Beschreibung. Die grüne Kultusministerin spricht von Evaluation aufgrund der schlechten Ergebnisse des Matheteils – und dennoch lässt sie im selben Atemzug die Empfehlungen nach Kompass 4 für dieses Jahr gelten. Dabei bleibt die wichtige Frage offen: War dieser Mathetest für unsere Viertklässler zu schwer oder war er angemessen? Es ist traurig aber wahr: Diese simple Frage kann die grüne Kultusministerin Theresa Schopper seit zehn Wochen nicht beantworten.
Darüber hinaus müssen die Viertklässler der staatlich genehmigten privaten Grundschulen alle zum Potentialtest an den Gymnasien antreten, sofern sie dorthin möchten – denn bei der neuen Zwei-Aus-Drei-Regel wurden diese Freien Schulen außen vor gelassen.
Der schwerste Fehler der seit über 13 Jahren grün geführten Landesregierungen ist allerdings die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses. Dabei sind die Werkrealschulen gerade für den ländlichen Raum unverzichtbar. Im Übrigen hat wirklich niemand, nicht ein Lehrerverband, nicht ein Erziehungsberechtigter, nicht ein Schüler, nicht ein Wirtschaftsvertreter, nicht eine Kommune oder sonst jemand, jemals die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses als Maßnahme gefordert. Dass die Werkrealschulen dadurch ausbluten werden, obwohl die Kolleginnen und Kollegen dort eine hervorragende Arbeit leisten, ist den Grünen nicht nur klar, es ist wohl auch so gewünscht. Diese völlig falsche bildungspolitische Maßnahme ist ein direkter Angriff auf die Bildungsgerechtigkeit in Baden-Württemberg und die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems. Alles, was die Grünen mit dieser Änderung des Schulgesetzes erreichen wollen, ist, den konsequenten Weg zu ihrem ideologischen Lieblingsprojekt eines Zwei-Säulen-Schulsystems zu planieren. Deshalb die verbindliche Grundschulempfehlung nur für das Gymnasium, deshalb die Abschaffung des Werkrealschulabschlusses. Pädagogisch sinnvolle Begründungen dafür gibt es jedenfalls keine. Aber aus grüner Sicht ist dieser Weg konsequent.
Wir Freie Demokraten akzeptieren das nicht und haben deshalb im Änderungsantrag nicht nur die Beibehaltung des Werkrealabschlusses, sondern auch eine namentliche Abstimmung hierzu gefordert. So kann jeder Abgeordnete der Regierungsfraktionen – insbesondere der CDU – gegenüber den Schülern, den Eltern, den Lehrkräften und weiteren Beteiligten an Werkrealschulen zeigen, wie er zu dieser Schulart und zum Werkrealschulabschluss steht.“