Rülke: Kretschmann sollte bald in den Ruhestand
Spätherbst des Patriarchen wird überdeutlich.
Der Ministerpräsident sprach in seiner heutigen Regierungserklärung mit Blick auf den Krieg in der Ukraine von „Zeitenbruch“. Der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion, Dr. Hans-Ulrich Rülke, sagte in seiner Erwiderung darauf, dass es letztendlich egal sei, ob man das derzeitige Geschehen als „Zeitenbruch“ oder – wie der Bundeskanzler – als „Zeitenwende“ bezeichne: „Es ist unstreitig eine schwere Krise und unstreitig ist die Unterstützung der Ukraine richtig“. Er lobte den zuständigen Bundesminister Habeck dafür, einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke zu ermöglichen, aber stellte auch fest, dass dieser in Wahrheit dazu gezwungen werden musste. Es sei für die Öffentlichkeit schon interessant zu erfahren, was Ministerpräsident Kretschmann zu den Stresstest-Manipulationen zum Betrieb der Kernkraftwerke durch den Minister Habeck sage, die von der Zeitung „Die Welt“ aufgedeckt wurden. „Gerade Baden-Württemberg kann sich nicht darauf verlassen, ausgerechnet am 15.April 2023 endgültig auf Kernenergie zu verzichten“, so Rülkes Ausblick.
Der Ministerpräsident jammere über die finanziellen Belastungen durch das Deutschlandticket, so Rülkes Kritik. Dabei solle dieser doch froh sein über diesen Beitrag zur Verkehrswende und darüber, dass ein Wasserkopf und ein Tarifdschungel bei den Systemen des Öffentlichen Nahverkehrs verschwinden. Das sei mal ein echter Beitrag zum Bürokratieabbau und auf jeden Fall besser als hundert Arbeitskreise, die das Staatsministerium dazu initiiere.
Rülke gab zu, dass die vom Bundeskanzler als „Doppelwumms“ bezeichnete Energiepreisstütze in Höhe von 200 Milliarden Staatsaugaben den Freien Demokraten ordnungspolitisch nicht leichtfalle. Wo der Bund gefordert ist, da sei aber auch das Land gefordert: „Wir hören mit Interesse, dass das Land Baden-Württemberg in seinem Doppelhaushalt 2,5 Milliarden Rücklagen für eigene Hilfsprogramme schaffen möchte. Da fragen wir uns schon: Warum so spät? In der Corona-Krise ging es schneller.“ Das Land sei bei Wirtschaftshilfen gefordert, so Rülke, aber es gäbe auch andere Kandidaten für eine Härtefallregelung. Rülke benannte als Beispiele Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Kultur oder Stadtwerke. Es sei grundsätzlich zu begrüßen, wenn die L-Bank mit Bürgschaftsprogrammen in Höhe von 2,6 Milliarden in der augenblicklichen Situation unterstütze.
Migration sei eine Herausforderung für alle, wie auch Rülke bejaht, und zitierte den Ministerpräsidenten mit dem Satz: „So bin ich mit der Verteilung der Flüchtlingskosten nicht zufrieden.“ Dazu sagte Rülke, dass das, was den Ländern und den Kommunen wirklich helfen könnte, ein Verzicht auf den Rechtskreiswechsel ukrainischer Flüchtlinge wäre und er überhaupt nicht verstehe, warum sich der Ministerpräsident auf Bundesebene dafür nicht einsetze.
Einmal mehr hoffe Kretschmann auf ein „Windkraftwunder“ zum Ausbau der Windenergie, glaube daran aber wohl selbst nicht mehr. Rülke empfahl ihm, in der Neuen Züricher Zeitung nachzulesen, wie wenig effizient seine Schwachwindräder in Baden-Württemberg seien. „Wann begreift er endlich, dass wir eine gesamteuropäische Strategie für die Energiewende brauchen?“, so Rülkes Appell.
In der Weiterbildungspolitik lobte der Ministerpräsident seine Regierung. Dabei hätte ihm erst jüngst der Verband Bildung und Erziehung ins Stammbuch geschrieben, er verstünde von Bildung so viel wie „ein Ziegelstein vom Schwimmen“, zitierte Rülke. Genau so sei es. Rülke: „Sie machen eine Politik gegen die Realschule und damit gegen die Duale Ausbildung und dann wundern Sie sich über den Fachkräftemangel.“
Kretschmann forderte in seiner Regierungserklärung die Diversifikation von Handelsbeziehungen mit Blick auf China und wünscht sich Resilienz unserer Wirtschaft. Dies passe aber überhaupt nicht zur Strategie seiner Regierung, gleichzeitig die Verkehrswende im Automobilbereich in fahrlässiger Weise auf die batterieelektrische Mobilität zu verengen. Rülke: „Wo, Herr Kretschmann, kommen denn die Batterien her und 70 Prozent der Komponenten für die E-Mobilität? Es ist doch scheinheilig, einerseits jeden zum Helden zu erklären, der ein E-Auto kauft und andererseits von China unabhängiger werden zu wollen.“
Ebenso scheinheilig seien seine Ausführungen zum Bürokratieabbau, kritisierte Rülke. Es solle nach Aussagen des Ministerpräsidenten dazu eine Koordinierungsstelle im Staatsministerium geben. „Da kann man nur ‚Guten Morgen‘ sagen. Herr Kretschmann: Die Vorschläge des Normenkontrollrats liegen längst auf dem Tisch“, so Rülke und weiter: „Setzen Sie diese Vorschläge doch einfach um, statt sie in der Schublade vergammeln zu lassen. Nun wird das Rad erneut erfunden und die nächsten Vorschläge vergammeln erneut in der Schublade.“
Rülkes Fazit: „Insgesamt haben wir das müde und oberflächliche Glaubensbekenntnis eines Patriarchen in seinem Spätherbst erlebt. Wer das gehört hat, Herr Ministerpräsident, der kann nur unserem Land und auch Ihnen persönlich einen baldigen Ruhestand wünschen!“